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Wer sich traut, der wählt für den Tag der Tage gern ein besonderes Datum wie den 12.12.12. Auch im Aquadome wird an diesem Mittwoch wieder Hochzeit gefeiert. Foto: Schreiber/dapd

© Markus Schreiber/AP/dapd

Berlin: Die Schnapszahlen sind vorerst verbraucht

Ende einer Ära: Nach dem 12.12.2012 kommt erst mal eine ganze Weile nichts mehr für Zahlenfetischisten.

So ein Tag wieder dieser kommt wieder, aber es dauert. Der 12.12.12 ist nicht nur an sich ein Pflichtdatum für Zahlenmystiker, sondern er markiert auch ein Ende. Denn bis zum 2.2.22 passiert kalendertechnisch in dieser Richtung nichts mehr, die Schnapszahlen sind vorerst verbraucht. Und die allerwenigsten von uns werden den nächsten 12.12.12 erleben, weil der noch ein Jahrhundert hin ist.

Dennoch wird allgemein eher wenig in diesen besonderen Tag hineingeheimnist. Die Weltuntergangspropheten haben sich längst auf den 21.12.2012 verständigt, der liest sich längst nicht so symmetrisch, aber das war den Maya beim Abfassen ihres Kalenders vermutlich egal. Und fürs Heiraten sind Dezembertermine längst nicht so begehrt wie jene im Mai, daran ändert auch das spezielle Datum nichts. Immerhin berichtet der Bundesverband der Deutschen Standesbeamten von dreifachem Arbeitsaufwand. Und die 35 vom Standesamt Charlottenburg-Wilmersdorf angebotenen Termine sind auch lange vergeben. „Viele kurz entschlossene Paare mussten leider vertröstet werden“, berichtet die Leiterin Sylvia Brenke. „Einige haben als Alternative den 20.12.2012 gewählt.“

Das heutige Datum passt immerhin gut zu Berlin, das bekanntlich in zwölf Bezirke aufgeteilt ist. Doch es wäre übereilt, darin nun gleich ein Exempel göttlicher Fügung zu sehen, wie es für die zwölf olympischen Titanen, die zwölf Stämme Israels oder die zwölf Apostel zutreffen mag. Denn nach allem, was wir über die Berliner Verwaltungsreform von 2001 wissen, ist sie ein Produkt reiner bürokratischer Vernunft, deren Ziel die Schaffung ungefähr gleich großer Einheiten aus den überkommenen Bezirken aus Ost- und West-Berlin war. Indessen wird man auch Bürokraten unterstellen dürfen, dass sie im Zweifel eher zur Zwölf als zur Dreizehn neigen, insofern ...

Die Zwölf, die ja als „Dutzend“ auch das Zentrum eines alten Maßsystems ist, behauptet eine starke Stellung im Zahlensystem. Nach unten grenzt sie sich gegen die sinistre Elf ab, die ihre endgültige Bestimmung in Fußball und Karneval gefunden zu haben scheint; nach oben behauptet sie sich gegen die teuflische Dreizehn, mit der überhaupt niemand zu tun haben will. Hauen sich zwei Boxprofis nicht rechtzeitig auf die Zwölf, müssen sie zwölf Runden durchhalten. Aber nie, nie eine dreizehnte. Wer also in der öffentlichen Meinung durchdringen will, der hält sich an die Zwölf. Zwölf Schritte bringen den anonymen Alkoholiker ans Ziel seiner Bemühungen, zwölf Grundsätze haben Berlin zur behutsamen Stadterneuerung geführt. Ob Greenpeace oder die SPD: Nahezu jeder, der etwas Wichtiges mitzuteilen hat und es nicht in drei oder fünf Punkten schafft, aber auch nicht 95 füllen kann wie Luther, der formuliert nahezu automatisch zwölf Thesen; es scheint so, als werde die Zehn als modernistische Ausgeburt des Dezimalsystems immer noch nicht so richtig ernst genommen, wenn es ums Ganze geht.

Leider haben sich auch die Nazis dieser göttlichen Zahl bedient und mit den „12 Thesen wider den undeutschen Geist“ die Bücherverbrennungen eingeleitet – aber Zahlen können sich nun einmal nicht gegen Vereinnahmung wehren. Und gelegentlich zeigt sich auch, dass der Einsatz der Zwölf allein noch keinen Erfolg garantiert, denn die Zwölftonmusik hat es nie zu ähnlicher Popularität gebracht wie der weniger schrille, auf zwölf Takten basierende Blues.

Wie geht es nun weiter nach dem 12.12.12? Der 1.3.13 wird als magerer Abklatsch kaum Faszination auslösen, und eine ähnliche Prognose lässt sich für das gesamte restliche Jahrzehnt abgeben: Schnapszahlmäßig tendiert es gegen null. Immer vorausgesetzt natürlich, dass sich die Maya nicht verrechnet haben und eigentlich den 12.12.2012 im Visier hatten. Für diesen hypothetischen Fall verabschieden wir uns an dieser Stelle herzlich bei unseren Lesern.

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