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Weg damit. Die Solaranlage laufe dem Denkmalschutz für die Kirche zuwider, sagt die Behörde des Landkreises. Der Stromspender musste daher abgebaut werden.

© dpa

Absurder Denkmalschutz in Brandenburg: Die Solaranlage stört - das Dorf abreißen ist ok

Der Denkmalschutz erlaubt keine Solaranlage auf dem Dach des Pfarrhauses in Atterwasch. Obwohl das Dorf bald komplett abgerissen werden soll.

Eine Solaranlage auf dem Dach des Pfarrhauses in Atterwasch kommt nicht infrage. Das hat der Landkreis Spree-Neiße schon 2012 entschieden, als der Gemeindekirchenrat einen Bauantrag gestellt hatte. 2013 hat die Kirchengemeinde die Anlage trotzdem gebaut. Am Dienstag musste sie abgebaut werden – aus Denkmalschutzgründen. Die Solaranlage verschandelt also das Erscheinungsbild. Aber gegen die Abbaggerung des Dorfes nach 2025 für den Braunkohletagebau Jänschwalde Nord hatte die Denkmalschutzbehörde keine Einwände.

Seit 2007 steht Atterwasch auf der Liste der Dörfer, die der Braunkohle weichen sollen. Brandenburg treibt diesen Braunkohleplan auch bisher unbeirrt voran. Doch nach dem Verkauf der Tagebaue durch Vattenfall an einen tschechischen Investor und aus Klimaschutzerwägungen wird seit Monaten darüber gestritten, ob es zu diesen Neuaufschlüssen von Tagebauen überhaupt noch kommen wird. Entschieden ist das noch nicht.

Aber: „Auch Atterwasch ist für eine Devastierung vorgesehen“, sagte Olaf Laik, Ordnungsdezernent des Landkreises, dem NDR-Satiremagazin „Extra 3“. „Devastierung heißt, dass der Ort zurückgebaut wird“, fügte der aktuell wohl bekannteste Ordnungsdezernent der Republik hinzu. Die ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Monika Schulz-Höpfner findet das komplett widersinnig. Ihre Braunkohlegegnerschaft hat sie 2014 nach 20 Jahren ihr Mandat im Potsdamer Landtag gekostet. Schulz-Höpfner lebt in Atterwasch und kämpft dagegen, dass der Braunkohletagebau bis in ihr 800 Jahre altes Dorf erweitert wird.

Solaranlage kommt auf Rinderstall

In einem offenen Brief an Brandenburgs Ministerpräsidenten Dieter Woidke (SPD) schreiben sich die Kirchengemeindemitglieder ihren Zorn von der Seele: „Dieselben Behörden, die auf Landesebene weiterhin im rückwärtsgewandten Kohlezeitalter verfangen bleiben und den Komplettabriss des Dorfes Atterwasch planen, inklusive aller denkmalgeschützten Bauwerke, sorgen sich intensiv um den pittoresken Anblick des Atterwascher Pfarrhauses.“ Eingeknickt ist die Kirchengemeinde nur, weil ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 3000 Euro angedroht wurde, wenn sie die Solaranlage nicht bis spätestens zum 31. Mai abbaut. Dieses Zwangsgeld würde eine kleine Kirchengemeinde sofort ins Trudeln bringen.

Nun soll die Solaranlage auf einem Rinderstall in Atterwasch wiederaufgebaut werden. Zumindest soll dieses Symbol des „zivilen Widerstands“ im Dorf bleiben. Denn nicht nur Martin Pehle, der Vorsitzende des Gemeindekirchenrats, sieht sich „moralisch im Recht“. „Uns war klar, dass wir gegen geltendes Recht verstoßen“, sagte Pehle.

Es gibt ein Vorbild für diese politische Solaranlage in Atterwasch. Sie befindet sich seit 1999 auf dem Kirchendach der Bergkirche in Schönau im südlichen Schwarzwald. Dieses „Schönauer Schöpfungsfenster“, eine Gemeinschaftssolaranlage der Schönauer Bürger, war damals „unter prophetischer Vorwegnahme der Genehmigung“ installiert worden. Die Genehmigung kam dann auch noch. Schönau war als Dorf der Stromrebellen ohnehin in den Schlagzeilen, und die Denkmalbehörde wollte sich lieber nicht lächerlich machen.

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