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Statusfrage: Rot-Schwarz entscheidet über Verbeamtung von Lehrern

Mit der Verbeamtung von Junglehrern könnte der Senat zwei Probleme lösen: Den Nachwuchs im Land halten und die Haushaltskasse vorläufig entlasten.

Die Spannung steigt: Rund 10 000 angestellte Lehrer, Referendare und Lehramtsstudenten verfolgen mit erhöhter Aufmerksamkeit, wie sich die Verhandlungspartner von SPD und CDU bei ihren Schlussberatungen am heutigen Dienstag in Sachen „Lehrerverbeamtung“ entscheiden werden. Das Ja oder Nein hat schwerwiegende Folgen – für jeden einzelnen von ihnen, aber auch für die Schulen und für den Landeshaushalt.

Es geht um viel Geld. Rund 500 Euro im Monat kann ein Beamter mehr als ein Angestellter nach Hause nehmen, weil er weder in die Rentenkasse noch in die Arbeitslosenversicherung einzahlen muss. Zudem ist er unkündbar und erhält im Krankheitsfall die volle Lohnfortzahlung – oft jahrelang. Und das alles, obwohl der Lehrerberuf nicht mehr als hoheitliche Aufgabe gilt.

Die Frage ist nun, auf welche Weise das Land zur Verbeamtung zurückgeht, falls es sich denn überhaupt für diesen Systemwechsel entscheidet. Da wäre zunächst die Möglichkeit, nur bei Neueinstellungen den Beamtenstatus anzubieten, um so die besonders flexiblen jüngeren Lehrer an Berlin binden. Denkbar wäre aber auch, dass rückwirkend verbeamtet wird – so wie es vor zehn Jahren passiert war. Damals konnten sich Lehrer und Land über einen großen Geldsegen freuen: Die gesetzliche Rentenversicherung musste nämlich alle Rentenbeiträge auszahlen, die die Lehrer und das Land als Arbeitgeber in den Jahren einzahlt hatten, in denen nicht verbeamtet worden war. Fünfstellige Beträge wurden an die Lehrer rücküberwiesen – auf Kosten der Rentenkasse. Berlin erhielt entsprechend sogar einen Millionenbetrag: Die Summe aller Rentenbeiträge, die das Land in den Jahren der Nichtverbeamtung für die angestellten Lehrer überwiesen hatte.

Diesem Vorgehen ist inzwischen ein Riegel vorgeschoben worden: Das Sozialgesetzbuch sei im Jahr 2002 geändert worden, lautet die Auskunft der Bildungsverwaltung. „Dies bedeutet, dass Renten- und Pensionskasse anteilig für die Alterssicherung eines Lehrers aufkommen, der vom Angestellten- in ein Beamtenverhältnis gewechselt ist“, erläutert der Vorsitzendes des Beamtenbundes, Joachim Jetschmann.

Geklärt werden müsste dann noch, bis zu welcher Altersgrenze verbeamtet werden darf. Laut Jetschmann ist es mit EU-Recht nicht vereinbar, dass ab einem bestimmten Alter die Verbeamtung verwehrt wird. Das würde bedeuten, dass sogar ein Pädagoge, der auf dem zweiten Bildungsweg oder als Seiteneinsteiger sehr spät in den Beruf findet, auch noch Chancen auf den begehrten Status hätte.

Ebenso wie die Mehrheit der Lehrer erhoffen sich auch die meisten Schulen eine Rückkehr zur Verbeamtung. Jeder Lehrer, der in andere Bundesländer abwandert, um die Vorteile der Staatsdienerschaft zu genießen, reißt eine Lücke ins Kollegium. Diese Lücken zu füllen, wird von Jahr zu Jahr schwieriger, da der Lehrernachwuchs aus den Universitäten die anhaltende Pensionswelle nicht immer zu kompensieren vermag. Zudem leiden die Schulen unter Querelen und Missgunst in den Lehrerzimmern: Viele Angestellte sind frustriert darüber, dass sie für weniger Nettoverdienst genauso viel arbeiten müssen wie die Kollegen mit Beamtenstatus.

Um dieses Problem zu entschärfen, möchte die SPD den Angestellten anderweitig Zugeständnisse machen: Sie weniger arbeiten zu lassen, gehört zu den Optionen, die besprochen werden. Wie berichtet, hatte die Bildungsverwaltung bereits geprüft, wie viele Stellen neu geschaffen werden müssten, wenn man allen angestellten Lehrern zwei Unterrichtsstunden erließe. Das Ergebnis: Rund 580 zusätzliche Pädagogen wären nötig. Es bestünde aber auch die Möglichkeit, den 7000 angestellten Lehrern ein Zusatzentgelt zu zahlen, damit sie die zwei Stunden auch noch abdecken.

Angesichts der Kosten, die all diese Varianten verursachen, ist – auch in der SPD – die Versuchung groß, entgegen eigener Überzeugung zur Verbeamtung zurückzukehren. Dann wären die Lehrer zufrieden, und es wären jene Mittel frei, die jetzt in die Rentenkasse fließen. Allerdings wäre nicht das Problem gelöst, dass die Pensionslasten die kommenden Generationen erdrücken.

Ob der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dem Druck der CDU, die zur Verbeamtung zurückkehren will, wird widerstehen können, wird sich zeigen – irgendwann an diesem Dienstag. Susanne Vieth-Entus

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