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Berlin: Die unergründlichen Wege der Bahn

Nicht nur am Hauptbahnhof hat der Konzern für große Pläne gebaut, die dann nicht umgesetzt worden sind

Bahnchef Hartmut Mehdorn hält sein Versprechen. Kein Fahrgast werde im Regen stehen, wenn im neuen Hauptbahnhof ein ICE auf der Stadtbahnstrecke halten werde, hatte der Bahnchef nach seiner umstrittenen Entscheidung erklärt, das Glasdach zu verkürzen – wodurch ein langer ICE nicht mehr vollständig unter das verkürzte Dach passt, sondern mit den 1.-Klasse-Wagen im Freien steht.

Warum Mehdorn dennoch Wort halten kann, regt Kritiker seit Tagen auf: Wie berichtet, werden in der neuen Superhalle – bis auf wenige Ausnahmen – keine ICE-Züge halten. Der Prestige-Bahnhof erhält damit einen weiteren Superlativ: In der Stadtbrache in Mitte entsteht nicht nur der teuerste Bahnhof der Bahn AG und der größte Kreuzungsbahnhof Europas, sondern auch der in seinen Ausmaßen wohl überflüssigste. Dass unter dem mit einem großen Aufwand konstruierten und errichteten bombastischen Glasdach neben den S-Bahnen fast nur noch – kurze – Regionalzüge halten werden, galt bis vor kurzem als unvorstellbar.

Auch in ihren Broschüren, mit denen die Bahn Mieter für die 15 000 Quadratmeter Gewerbeflächen lockt, wirbt sie mit ICE-Zügen, die unter dem einmaligen Dach halten. Züge sollten vom neuen Hauptbahnhof in alle vier Himmelsrichtungen fahren – von Stockholm bis Rom und von Moskau bis Paris. Jetzt will die Bahn bekanntlich fast alle Fernzüge durch den neuen Nord-Süd-Tunnel schicken, damit wirklich täglich 300 000 „Nutzer“, wie es in der Werbebroschüre heißt, in den Superbahnhof kommen, der mehr als 500 Millionen Euro kosten soll.

Dass die Bahn erst Millionenbeträge ausgibt und erst dann nachzudenken scheint, ist für Berlin nicht neu. Für rund 30 Millionen Euro ließ sie 2000 den Ostbahnhof zu einem modernen ICE-Bahnhof umbauen. Nun sollen dort ebenfalls nur noch wenige Fernzüge halten.

Noch toller trieben es die Bahnplaner im Bahnhof Lichtenberg. Auch diese Station ließen sie aufwändig umbauen, obwohl sie den Bahnhof, der zu DDR-Zeiten der wichtigste im Ostteil der Stadt war, längst vorher im Kern zu einer Regional- und S-Bahn-Station degradiert hatten.

Schilda grüßt auch am künftigen Bahnhof Südkreuz an der Papestraße, wo die Bahn den zweitwichtigsten Fernbahnhof der Stadt baut. Dort schafft sie mit viel Beton und Geld die Voraussetzung für den Bau von zwei Parkhäusern, für die sie aber noch keinen Geldgeber gefunden hat. Und nun hat sie sich auch aus dem mit dem Senat vereinbarten Konzept verabschiedet und will den Bau der Vorplätze, auf denen Busse und Taxis halten sollen, nicht finanzieren.

Weitgehend auf leeren Gewerbeflächen sitzen geblieben ist die Bahn zudem bei den sanierten Stadtbahnviadukten am Jeanne-Mammen-Bogen zwischen Grolman- und Uhlandstraße in Charlottenburg. Dort wird jetzt erneut gebaut. Vielleicht lassen sich diese Anlagen besser vermieten, wenn auf der Stadtbahn darüber tatsächlich kaum noch Fernzüge fahren werden.

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