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Gerne mit düsterem Pathos. Der Graf im Konzert. Foto: dapd

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Berlin: Die unheilige Familie

AUFTRITT DER WOCHE Der Graf und Band spielen in der Wuhlheide Und geben sich kinderfreundlich: Der Nachwuchs kann umsonst reinkommen

Der Plan klang so simpel: Berlin sollte Stefan Raabs Bundesvision Song Contest einfach ein zweites Mal hintereinander gewinnen und die Veranstaltung in der Stadt halten. Peter Fox hatte sie 2009 an die Spree geholt, „Ich + Ich“ hätten den Erfolg im vergangenen Herbst in der Max-Schmeling-Halle verteidigen sollen. Doch der Mann, der sich schlicht „der Graf“ nennt, entriss mit seiner Band „Unheilig“ Berlin den Wettbewerb. Köln wird dieses Jahr Austragungsort sein; der Graf kommt aus dem Rheinland. Am Wochenende ist er erneut in der Stadt, um in der Wuhlheide ein Doppelkonzert zu geben. Und um in Friedrichshain Döner zu essen.

Der Mann mit der Glatze und den Bartspitzen am Kinn reist gerne nach Berlin. Neben dem Song Contest gab er im vergangenen Jahr drei Konzerte. Im März durften sich Unheilig gleich drei Mal den Musikpreis „Echo“ abholen, für das beste Album („Große Freiheit“), als beste nationale Rockgruppe und als Produzent des Jahres. In der Vorabendserie „Gute Zeiten Schlechte Zeiten“, die in Mitte spielt, tauchte die Band schon zwei Mal auf der Bühne des hippen Clubrestaurants „Mauerwerk“ auf. „Ich genieße es, wenn ich in eine Großstadt wie Berlin komme, gerade aufgrund der vielen positiven Erinnerungen der letzten Monate und Jahre“, sagt der Graf. Richtig kennengelernt habe er die Stadt erst in den vergangenen zwei Jahren. „Als wir das erste Mal in Berlin waren, sind wir spät abends aus dem Studio gekommen, haben uns einen Döner geholt und über die Lieder von Große Freiheit gesprochen“ erzählt der Graf. Seither besuchen Unheilig den Imbiss in Friedrichshain immer, wenn sie in der Stadt sind. Dabei mag es der Graf eigentlich ruhiger. „Ich bin ein Kind der Kleinstadt“, sagt er, im Kreis Aachen geboren und aufgewachsen. „Dort lebe ich immer noch, dort sind meine Familie, meine Freunde und all meine Erinnerungen.“

Der Graf, Alter unbekannt, ist gelernter Hörgeräte-Akustiker. Vier Jahre lang war er Zeitsoldat, machte währenddessen Lkw-Führerschein und Krankenpflegerausbildung. Nun macht der Unheilige düsteren Pathos-Rock mit Grufticharme, die Texte liegen irgendwo zwischen Rammstein und Herbert Grönemeyer, beides Vorbilder des gläubigen Katholiken. Schon während der aktuellen Tour arbeitet er am neuen Album „Lichter der Stadt“, das im Frühling erscheinen soll. Seit über zehn Jahren gibt es „Unheilig“ schon, auf unzähligen Konzerten erspielten sie sich eine Fanbasis in der Gothicszene. Dann nahm Universal die Band unter Vertrag, und das siebte Studioalbum „Große Freiheit“ stand 20 Wochen an der Spitze der deutschen Charts. „Unheilig“ waren im Wohnzimmer angekommen und eine Band für die ganze Familie. Auf der Webseite der Band spricht der Graf in die Videokamera des Tourtagebuchs. Der grimmige Blick von der Bühne und aus Videos verschwindet schnell, wenn seine Fans Autogramme wollen. Kinder unter sechs Jahren kommen umsonst auf die Konzerte, wenn die Eltern Karten haben und ihre Kinder online anmelden.

Das Konzert am Sonnabend ist ausverkauft, für Sonntag gibt es noch Karten. Das Knie, das sich der Graf beim Tourauftakt in Dresden bei einem Sturz verletzt hatte, hat sich erholt. „Ab und zu zwickt es noch“, sagt der Graf. Fans berichten jedenfalls, dass er beim Konzert in München wild gerockt habe. Beste Voraussetzungen für den nächsten gelungenen Berlin-Besuch. Christoph Spangenberg

Unheilig in der Kindl-Bühne in der Wuhlheide, Sonnabend ab 18.15 Uhr (ausverkauft), Sonntag ab 17.45 Uhr, Tickets ab 35,60 Euro unter der Nummer 611 01313 und auf www.eventim.de, Infos auf www.unheilig.com

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