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Berlin: Die Verluste fahren mit

BVG will ihr Fernsehprogramm „Berliner Fenster“ in den Zügen verkaufen – es rechnet sich nicht

Vielleicht war es kein gutes Omen, dass viele Bildschirme in den U-Bahnen in letzter Zeit häufig dunkel blieben: Kein buntes Werbeprogramm, keine Nachrichten, sondern schlichtes, langweiliges Schwarz. Viele Fahrgäste haben sich fast schon abgewöhnt, an die Decke zu blicken, wo das „Berliner Fenster“, wenn es in Betrieb ist, stumm seine Neuigkeiten verbreitet. Auch wenn es meistens bunt flimmert, sieht es hinter den Kulissen düster aus. Die BVG will sich vom eigenen Fernsehprogramm in der Bahn trennen, weil es in diesem Jahr offenbar Verluste von fast vier Millionen Euro einfährt.

In den meisten Wagen läuft das U-Bahnfernsehen seit vier Jahren – eine Mischung aus Nachrichten, aktuellen Stadt-und Verkehrsinformationen, Werbung und Veranstaltungstipps, auch Kochrezepten. Ein Projekt, das mit großen Erwartungen verknüpft, bei den Fahrgästen aber nicht unumstritten war. Die Misere in der Werbebranche vermasselte in den vergangenen Jahren und Monaten zunehmend das Geschäft. Die BVG will sich offiziell zu dem Verlustgeschäft nicht äußern, auch das Berliner Fenster, ihre Tochterfirma, lässt sich keine Einzelheiten entlocken. Zahlen über Verluste oder hohe Leasingraten werden nur hinter vorgehaltener Hand genannt.

Die BVG selbst hat inzwischen schon mit zwei technischen Partnern operiert, nun glaubt sie, einen Käufer gefunden zu haben, der das Programm mit mehr Glück sicherstellen kann. Sie will sich vom Berliner Fenster trennen, „damit die Schirme nicht dunkel werden“, wie es im Unternehmen heißt. Im Aufsichtsrat der Verkehrsbetriebe stimmte die Arbeitnehmerseite allerdings gegen den Verkauf. Die Rede ist von einem Preis in Höhe eines Euros. Die BVG will sich dazu selbst auch nicht äußern, spricht von einem „laufenden Geschäftsverfahren.“ Strittig ist auch die Summe von rund 3,8 Millionen Euro, die von der BVG für „Sendeplätze“ bis zum Jahr 2009 gekauft werden müssten. Die Verkehrsbetriebe wollen immerhin, wie gewohnt, alle 15 Minuten für sich und ihr Angebot werben.

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), Vorsitzender des BVG-Aufsichtsrats, gilt als Verfechter eines Verkaufs. Ob das Geschäft klappt, hängt nun als nächster Instanz von der so genannten Gewährträgerversammlung ab, in der fünf Senatoren vertreten sind. „Wir wollen das attraktive System halten“, sagte ein Vertreter des Unternehmens. Die Werbung in den Zügen war im Jahr 2000 eingeführt worden, zunächst versuchsweise auf der Linie 9 zwischen Osloer Straße und Steglitz. Fernsehen gab es damals nur in sechs Wagen. Bis heute wurden in den U-Bahnen fast 3800 Doppelmonitore montiert. Insgesamt 1100 Waggons, fast der gesamte Bestand, sind mittlerweile mit dem Berliner Fenster ausgestattet.

Christian van Lessen

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