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Berlin: Die Vorzeichen stehen auf Rot

Marzahn-Hellersdorf gilt als PDS-Hochburg. Doch in den neuen Reihenhaussiedlungen ist die CDU stark 

Von Steffi Bey

Die Vorurteile und Klischees über Marzahn-Hellersdorf könnten nicht größer sein: Da ist von Wohnsilos in eintönigen Plattenbauten am östlichen Stadtrand die Rede, von Tristesse, von jugendlichen Gangs und unruhestiftenden Kahlköpfen. Aber meistens werden solche Bilder von denjenigen verbreitet, die noch nie dort waren. Denn wer das Gebiet links und rechts des Flüsschens Wuhle aufsucht, entdeckt vieles, womit er nicht gerechnet hätte: jede Menge Grün zwischen aufpolierten und farbenfrohen Häusern, moderne Einkaufszentren, neue Spielplätze und einen freien Blick auf unberührte und ökologisch wertvolle Landschaften. Edeltraut Töpfer, die CDU-Bundestagskandidatin für diesen Wahlkreis, behauptet sogar, das gutbürgerliche Steglitz-Zehlendorf und die PDS-Hochburg Marzahn-Hellersdorf hätten vieles gemeinsam. „Die Menschen ähneln sich, sie sind hoch qualifiziert und liegen beim Nettohaushaltseinkommen berlinweit mit an der Spitze“, erklärt die Politikerin. Noch würden allerdings im Osten die Linkssozialisten von dieser „ordnungsliebenden konservativen Klientel profitieren“, sagt Edeltraut Töpfer. Doch sie hofft, aufgrund der gegenwärtigen Krise in der PDS, ihr Wahlergebnis von 1998 verbessern zu können.

Auch diesmal bietet ihr der CDU-Listenplatz 6 eine gute Chance für den Einzug in den Bundestag. Aber wieder werden ihr zwei politische „Schwergewichte“, die PDS-Vizechefin Petra Pau und Familienministerin Christine Bergmann (SPD), das Leben schwer machen. Pau kandidiert zwar in Marzahn-Hellersdorf zum ersten Mal für den Bundestag, will aber „auf jeden Fall das Direktmandat holen“. Das wird ihr vermutlich auch gelingen, denn die Mehrheit der Plattenbaubewohner wählt erfahrungsgemäß PDS-Rot. Auch die Ministerin tritt in ihrem Heimatbezirk an „um zu gewinnen“, erklärt sie kämpferisch.

Zumindest im Siedlungsgebiet – in Kaulsdorf und Mahlsdorf – gibt es einen starken CDU-Kreisverband. Erinnert sei an Mario Czaja, der dort bei den Abgeordnetenhaus-Wahlen 1999 das einzige Direktmandat der CDU für das Berliner Parlament holte. Besonders diese dörfliche Seite des Großbezirks hat sich nach der Wende rasant verändert. Etwa ein Viertel aller Bauanträge Berlins wurde Ende der 90-er Jahre in diesem Gebiet gestellt.

Gut zwei Drittel der rund 262 000 Einwohner des Bezirks lebt aber in der Großsiedlung. Seit der Fusion von Marzahn und Hellersdorf verfügt der Bezirk über das größte zusammenhängende Neubaugebiet Europas. Umfragen zufolge sind die Menschen mit ihren Wohnverhältnissen zufrieden. Die meisten loben die modernen Quartiere mit den bezahlbaren Mieten, die landschaftliche Vielfalt sowie die gut funktionierende Infrastruktur. Sie wünschen sich aber mehr Kultur- und Freizeitangebote vor Ort und schimpfen über leer stehende Kita-Gebäude, die das Wohnumfeld verschandeln. Letzteres gehört zu den großen Problemen, mit denen Berlins jüngster Bezirk nach der Wende zu tun hat. Jeder dritte Einwohner ist zwar jünger als 25 Jahre, aber durch den Geburtenrückgang und den Wegzug vieler Besserverdienender werden inzwischen nicht mehr so viele Schul- und Kita-Gebäude gebraucht. Mehr als 20 dieser Einrichtungen sind mittlerweile geschlossen. Doch auch tausende Plattenbauwohnungen stehen seit Jahren leer. Aber einen schnellen, flächendeckenden Abriss der „Platte“ wird es in Marzahn-Hellersdorf nicht geben. Marzahn-Hellersdorf – beide Gebiete gehörten vor der Bezirksfusion schon einmal zusammen – haben noch einige Besonderheiten zu bieten: So erstreckt sich entlang der S-Bahn das größte zusammenhängende Gewerbegebiet Berlins, 1997 wurde das Unfallkrankenhaus Marzahn - das modernste seiner Art in Europa - eröffnet und seit zwei Jahren gibt es den Chinesischen Garten am Rande der Plattenbausiedlung. Seitdem kommen mehr Besucher aus anderen Stadtteilen hierher. Auch so können Vorurteile abgebaut werden.

In der Serie über die Wahlkreise erschienen bislang Beiträge über den Wahlkreis 80 (1. September), 82 (2. September), 78 (3. September), 79 (4. September), 81 (6. September) und 76 (7. September).

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