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Berlin: Die wahren Wahrer des Sozialen

Auf ihrem Landesparteitag hat die PDS Abstand geschaffen zur SPD, musste aber gleichzeitig gemeinsame Senatspolitik verteidigen

Eine Grundregel der Werbewirtschaft lautet: Man muss sich gegenüber potenziellen Nachahmern als das Original darstellen, welches schon lange vor der Konkurrenz da war. „Nur wo Nutella draufsteht, ist auch Nutella drin“, lautete ein Slogan, der das Prinzip der Kundschaft vermittelte. Nach dem gleichen Prinzip will sich angesichts des bevorstehenden Wahljahres jetzt auch die Berliner PDS als das sozialistische Original vom Koalitionspartner SPD abheben: „Nur wo PDS drin ist, steht auch PDS drauf“, gab Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner am Sonnabend beim Landesparteitag in Friedrichshain die Marschrichtung vor.

Die Senatorin und auch Parteichef Stefan Liebich warben vor gut 200 Delegierten mit einigem Selbstlob und rhetorischen Seitenhieben gegen den sozialdemokratischen Koalitionspartner für einen Leitantrag der Parteiführung, der unter dem Stichwort „soziale und solidarische Stadtgesellschaft“ dafür stehen soll, sich als „das soziale Gewissen der Stadt“ zu profilieren, wie Liebich sagte. Dies soll vor allem geschehen, indem das knappe Geld für soziale Projekte noch stärker auf bedürftige Viertel konzentriert wird. Zum anderen sollen lokale Initiativen und Gruppen mehr Verantwortung bekommen. Der in der Partei verbreiteten Hoffnung auf mehr Geld für soziale Vorhaben widersprachen beide und machten sich angesichts der nicht zu leugnenden Geldnot dafür stark, wenigstens weitere Sparmaßnahmen zu verhindern.

Als Regierungspartei, die sich gleichzeitig als Sprachrohr der Unzufriedenen und Benachteiligten versteht, wandelt die PDS auf einem dünnen Grat, der auch in der Rhetorik der Hauptredner deutlich wurde. So sei man einerseits gegen die Hartz-Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe, sagte Liebich; gleichzeitig wolle man den Betroffenen helfen, damit sie das wenige, was ihnen zusteht, wenigstens wirklich bekommen. Knake-Werner gestand ein, dass die Landesregierung, der sie angehört, zwar nur wenig an der Verteilung des Wohlstands ändern könne; dennoch habe es die PDS geschafft, „die soziale Frage im Senat auf die Tagesordnung zu setzen“. Das illustrierte sie mit ihrem jüngst offiziell beendeten Streit mit SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin, dem sie bei der Bemessung von Wohnungsgrößen beim neuen Arbeitslosengeld Zugeständnisse abtrotzen konnte.

Die Delegierten zeigten sich skeptisch, stimmten aber im Prinzip der Parteiführung zu. Warnende Worte gegen die Umverteilungspläne kamen vor allem von Bezirksbürgermeistern und Stadträten der wirtschaftlich stärkeren Bezirke mit PDS-Mehrheiten. Man dürfe nicht zu Gunsten der bedürftigen Stadtviertel das „austrocknen“, was andere Bezirke bislang erreicht hätten, warnte Pankows Bürgermeister Burkhard Kleinert. Und Heiner Neumann, Stadtrat von Marzahn-Hellersdorf, forderte von der Parteiführung mehr Klarheit, wie man die Neuorientierung finanzieren wolle; sonst sei das „Augenwischerei“. Am Schluss setzte die Mehrheit der Delegierten aber auf Konsens und verabschiedete den Antrag der Parteiführung mit großer Mehrheit.

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