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Berlin: DIE WEINE DES MONATS

Wann wäre die Zeit für einen herzerwärmenden Roten, wenn nicht jetzt? Immer stärker profilieren sich die Winzer in jenen südlichen Regionen, die bis vor wenigen Jahren allenfalls als Quelle kratziger, billiger Dröhnstoffe in Betracht kamen.

Wann wäre die Zeit für einen herzerwärmenden Roten, wenn nicht jetzt? Immer stärker profilieren sich die Winzer in jenen südlichen Regionen, die bis vor wenigen Jahren allenfalls als Quelle kratziger, billiger Dröhnstoffe in Betracht kamen. Doch das war kein Naturgesetz, denn es brauchte nichts als ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein und fundiertes Wissen, um solche Regionen für guten Wein bekannt zu machen und dort sogar eine Art Goldgräberstimmung auszulösen. So war es beispielsweise im Minervois, dem Herzstück des Languedoc in Südwestfrankreich. Eine der Galionsfiguren dieser Gegend ist Michel Escande, der erst 1988 Winzer wurde, als er damit begann, die Rebflächen seiner Mutter neu zu bestellen. Jetzt ist er Präsident der Winzer von La Livinière, und seine Weine zieren die Karten einiger der besten französischen Restaurants. Um einen davon trotzdem bis ins weit entfernte Berlin zu bringen, bedurfte es schon der persönlichen Beziehungen des Berliner Weinhändlers Jean-Gil Chodziesner-Bonne, der selbst im Minervois gelebt hat und mit Escande und dessen Frau Sylvie eng befreundet ist. Der 2000er La Feline aus Minervois La Livinière ist ein kräftiger und doch höchst eleganter Roter aus den klassischen südfranzösischen Reben Syrah, Grenache und Carignan, der die Kräuter- und Beerendüfte des Südens mit den Aromen von Lorbeer, Leder und Oliven perfekt vereint. Viel Potenzial zum Lagern! Die Flasche kostet 13 Euro bei Vin d´Oc, dem Geschäft von Chodziesner-Bonne in der Uhlandstraße 79a in Wilmersdorf.

Der önophile Ruhm der Maremma, des am Mittelmeer gelegenen Südteils der Toskana, ist ähnlich jung. Dort hat es in früheren Zeiten nur Olivenbäume und Obst gegeben, aber praktisch überhaupt keinen Wein. Erst durch „Super-Tuscans“ wie den Sassicaia ist die Gegend überhaupt international bekannt geworden – und die dortigen Weingutsbesitzer sind noch längst nicht am Ende ihrer Möglichkeiten. Außerdem gibt es ja auch Zugereiste wie den Piemonteser Angelo Gaja, den vermutlich berühmtesten Winzer Italiens. Er hat vor knapp einem Jahrzehnt Land dort drunten gekauft - eine große Olivenplantage in der Nähe von Sassicaia, die alle Voraussetzungen für die Erzeugung von Spitzenweinen bietet. Gaja pflanzte Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot, die klassische Bordeaux-Mixtur also, dazu Sangiovese und Syrah – und gründete das Gut Ca´ Marcanda, das seinen angestrebten Ausnahmerang auch durch die kraftvolle Architektur Giovanni Bos verdeutlicht. In den bislang drei Weinen steckt die geballte Wucht der Qualitätsphilosophie Gajas, glücklicherweise aber sind sie längst noch nicht so teuer wie die Piemonteser Giganten. Der 2001er Promis von Ca´ Marcanda wird vom sanften Merlot dominiert, die Syrah steuert Würze bei, Sangiovese ein wenig aristokratische Strenge. Ein werdender Supertoskaner also, der als Solist ebenso gut dasteht wie als anspruchsvoller Begleiter substanzieller Winterküche. Die Flasche kostet 26,90 Euro bei Lutter&Wegner in der Charlottenstraße 56 in Mitte, gleich am Gendarmenmarkt.

FEINKOST

Peter Scheib

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