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Berlin: Die Winzer vom Leithaberg wollen die Heimat auf Flaschen füllen

„Tradition, Terroir und Tiefgang“ ist das Programm, mit dem oberhalb des Neusiedlersees der Weincharakter neu definiert wird

Vorn der See, dahinter die Berge. So legten einst die Bürokraten die Prioritäten fest, und seither heißt die nordwestliche Weinbauregion des Burgenlandes etwas ungelenk Neusiedlersee-Hügelland. Gespalten wie der Name ist auch der Wein, den die Gegend hervorbringt: Am See entstehen so gehaltvolle Süße wie der Ruster Ausbruch, auf den höheren Lagen dagegen finessenreiche trockene Weiße und Rote. Und die sollen endlich einen einprägsamen Namen bekommen: „Leithaberg“ heißt eine neue Vereinigung von 15 burgenländischen Winzern, die unter diesem Titel „Tradition, Terroir und Tiefgang“ hervorheben möchten.

Tradition: Die liegt besonders Hans Nittnaus aus Gols am Herzen, der dort – nordöstlich des Sees – in den letzten zehn Jahren als Mitglied der Pannobile-Gruppe eine eher moderne Richtung eingeschlagen hatte, mit international kompatiblen, global erfolgreichen Cuvées (mit Cabernet Sauvignon), üppig und mit viel Barrique ausgebaut. Jetzt die Hinwendung zu heimischen Reben: „Ich will einen Wein machen, der seine Heimat zum Ausdruck bringt.“ Seit 1999 hat sich Nittnaus dafür rund um Jois Weinberge zugelegt. Und sich mit Winzern wie Birgit Braunstein, Martin Pasler, Thomas Schwarz, Erwin Tinhof oder Richard Mariel zusammengetan.

Terroir: Jois liegt am nördlichen Ende des Leithagebirges, das sich 30 Kilometer bis nach Großhöflein im Südwesten erstreckt. Ähnlich wie die Kalkalpen ist dieser Gebirgszug vor Urzeiten entstanden, hat sich dann gesenkt, und das pannonische Meer spülte reichlich Muschelkalk-Sedimente darüber. Dazwischen liegen Schiefer-Einschüsse. Das sind karge Böden, in die sich die Wurzeln tief eingraben müssen, um an Wasser und Mineralien heranzukommen.

Die tausend Hektar Rebfläche des Leithagebirges reichen bis auf kühle 400 Meter Höhe. Ein klimatischer Vorteil für die Trauben, die bis zu zwei Wochen später gelesen werden als die seenahen Früchte. Von der Wärme, die die Wasseroberfläche reflektiert, profitieren die Süd-Südostlagen dennoch. Das sind „zwei Wochen mehr physiologische Reife, zwei Wochen mehr Extrakt, zwei Wochen mehr Finesse, zwei Wochen mehr Substanz“, rechnet Erwin Tinhof vor.

Tiefgang: Die Natur sorgt dafür gut vor. Und mehr wollen die Winzer eigentlich kaum beitragen. Zurückhaltung im Keller ist ihr Vorsatz. Spontan- statt Reinzuchthefen arbeiten dort. Ausbau im Holzfass gibt es nur, um Tannine abzurunden oder die Balance zu finden. „Laktische und buttrige Töne wollen wir aber nicht erzeugen“, sagt Nittnaus. Zugunsten der natürlichen Säure verzichten sie auf den biologischen Säureabbau. Auf keinen Fall sollen Charakter, unverfälschte Konzentration und Mineralik überdeckt werden. „Leithaberg muss man schmecken können“, sagt Richard Mariel. Und Hans Nittnaus ergänzt: „Alkohol, Fülle und Holz dominierten die letzten 20 Jahre. Unsere Hauptargumente sind Typizität und heimische Sorten.“ Mit dem „Superweinjahr 2004“ (Mariel) gehen die 15 Winzer jetzt an den Start. In Blindproben haben sie ausgewählt, welche Weine nach Leithaberg schmecken. Akzeptiert wurden nur jene, denen mindestens zwölf zugestimmt haben.

Ziel erreicht, Premiere gelungen. Tinhofs 2005 Leithaberg weiß: angenehme Frische, gut strukturierende Säure, spürbare Mineralität. Nittnaus’ 2004 Chardonnay: feinfruchtig, mineralisch, während Mariels 2005 Chardonnay durch den Ausbau in großen Holzfässern etwas mehr Gewicht mitbringt. Herausragende Vertreter in Rot: 2004 Blaufränkisch von Birgit Braunstein und Thomas Schwarz. Damit schafft es das Hügelland aus- und eindrucksvoll, sich in den Vordergrund zu spielen. si

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