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Zu Gast bei Michael Müller (SPD). Lorenz Maroldt (2.v.l.) in der Diskussion mit Berliner Chefredakteuren unter der Moderation von RBB-Gründungsintendantin Dagmar Reim (Mitte).

© Kurt Sagatz

Diskussion zur Zukunft des Journalismus: Neue Modelle für die Zeitungsstadt Berlin

Berliner Chefredakteure diskutierten im Roten Rathaus über ihre Blätter. Tagesspiegel-Chefredakteur Maroldt findet: "Es hat noch nie so viel Spaß gemacht, Journalist zu sein."

Wenn das kein Bekenntnis ist: „Ich lese Nachrichten lieber gedruckt in der Zeitung als auf dem iPhone oder iPad“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller am Dienstagabend im Roten Rathaus zur Eröffnung der Diskussionsveranstaltung „Die Zukunft des Berliner Zeitungsmarktes“. Die Zeitungsstadt Berlin könne selbstbewusst auf eine 400-jährige Geschichte zurückblicken, so Müller weiter. Die Branche stehe zwar unter Druck, die Zeitungsstadt Berlin sei aber noch lange nicht am Ende. Dazu trägt auch die Familie Müller bei. Während viele Kinder zwar über alles Bescheid wissen, aber keine Zeitung mehr lesen, habe sich sein Sohn zum letzten Geburtstag ein Zeitungsabo gewünscht.

Eine bekennende Zeitungsverrückte ist auch Dagmar Reim, die Gründungsintendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, die die Zweiländeranstalt bis Mitte 2016 führte. Sie leitete die Podiumsdiskussion im Rahmen des „Berliner Rathaus-Dialogs“ und wollte wissen, ob es auch in zehn Jahren noch gedruckte Zeitungen geben wird.

„Wir entwickeln neue Geschäftsmodelle und neue journalistische Ideen sowie zusätzliche Angebote um die Zeitung herum, aber die gedruckte Zeitung wird auch in Zukunft im Mittelpunkt stehen“, sagte Lorenz Maroldt, Chefredakteur des Tagesspiegels. „Die Zeitungen, die es in zehn Jahren noch gibt, werden noch besser sein als die heute“, erklärte Jochen Arntz, Chefredakteur der „Berliner Zeitung“, die seit einigen Monaten zusammen mit der Mannschaft des „Berliner Kurier“ einen gemeinsamen Newsroom betreibt.

Jeder muss seine eigene Strategie finden

Etwas weniger euphorisch zeigte sich Carsten Erdmann, Chefredakteur der „Berliner Morgenpost“. „Die Zeitungen befinden sich in einer Konsolidierungsphase.“ Es sei schwierig in Zeiträumen wie zehn Jahren zu denken, sagte er mit Verweis auf das Smartphone. „In welcher Form und wie viele Zeitungen es in Berlin in zehn Jahren geben wird, ist darum sehr schwer vorherzusagen.“

„Es hat noch nie so viel Spaß gemacht, Journalist zu sein“, sagte Lorenz Maroldt – insbesondere in Berlin, einer der wichtigsten Städte der Welt. „Wir legen jetzt den Turbo ein, weil es so viele Sachen gibt, die man machen kann“, freute er sich mit Blick auf neue Projekte. Bei der Frage nach den wichtigsten Innovationen erwiderte Maroldt, dass er kein Lieblingsprojekt habe. „Ich bin aber gespannt auf unseren Vorstoß in die Business-Welt mit dem Politik-Monitoring und dem täglichen Background-Dienst ,Energie & Klima‘. Das ist ein ganz spitzes Geschäft für eine ganz spitze Zielgruppe, denen das relativ viel Geld wert ist – und von dem der Tagesspiegel auch journalistisch profitiert.“

Jede Zeitung, jedes Medienhaus muss seine eigene Strategie entwickeln, darüber waren sich die Chefredakteure einig. Aber auch dazu gab es keinen Widerspruch: Wenn eine Zeitung auf Dauer keinen Gewinn erzielt, gibt es keinen unabhängigen Journalismus, sagte Jochen Arntz. Jorin Verges, Vize-Chefredakteur der "B.Z." wies auf ein besonders Vertriebsproblem von Boulevard-Zeitungen hin. "Die Menschen rauchen weniger und gehen daher nicht mehr so oft zum Kiosk", sagte er. Aber noch sind manche Abgesänge fehl am Platze, wie der Regierende Michael Müller ganz am Anfang gesagt hatte.

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