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Käufliche Künstler: Drei Bildhauer verlassen Tacheles gegen Bares

Drei weitere Künstler verlassen die Freifläche des Kunsthauses Tacheles. Ihren Rückzug lassen sie sich mit einer vier- bis fünfstelligen Summe bezahlen.

Unter den Künstlern hat es sich herumgesprochen: Wer aus dem Tacheles ausziehen will, muss Michael Schultz ansprechen. Der Rechtsanwalt bietet Bares gegen die Zusicherung, das Künstlerhaus kurzfristig zu verlassen. Noch, wie er betont. Am Dienstagmorgen in aller Frühe kam es zu einem weiteren Deal: „Adnan“ und zwei junge Künstler, die im Hof hinter der Kaufhausruine ihre Ateliers aufgebaut hatten, widerstanden dem Angebot nicht länger. Gegen eine „vier- bis fünfstellige Summe“, erzählt Rechtsanwalt Schultz, räumten sie ihre Flächen und verpflichten sich, keine Ansprüche mehr auf das Areal zu stellen. Erst vor einem Monat waren Gastronomen ausgezogen; sie sollen eine Million Euro erhalten haben.

Während die Abtrünnigen ihrer Wege gingen, wählten die Verbliebenen die „110“ – die Polizisten wussten allerdings nicht so recht, warum sie den Rechtsanwalt aufhalten sollten. „Ein Drittel der Hoffläche ist geräumt“, sagt Schultz. Bis Ende der Sommers werde der komplette Hof wieder in Besitz genommen. Wer sein Auftraggeber ist, will Schultz nicht sagen. Und der Mann ist überzeugt: „Die Künstler merken doch selbst, dass die Zeit des Tacheles’ vorbei ist.“

Davon will der Wortführer der Künstler im Tacheles-Gebäude, Martin Reiter, nichts wissen: „Er hat keinen Landgewinn, und wir sind ihm dankbar, dass er die Müllfläche im hinteren Hofbereich räumt.“ Die „kalte Räumung nach amerikanischen Vorbild“ schweiße die Künstler zusammen. „Wir haben die Anwälte aus dem Haus geworfen“, sagt er. Bei den 60 bis 80 Künstlern würden sie „kein Land sehen“. „Und jetzt kommt Verstärkung aus Holland“, kündigt Reiter den Besuch von Künstlern aus den Niederlanden an. Die werden im goldenen Saal ihre Werke ausstellen. Am 2. Juli soll es dann zu einer „großen Tacheles-Support-Party“ mit Unterstützung aus der Clubszene kommen. Und eine Woche später „blasen wir zum Marsch“: Von Kreuzberg soll der Weg der Sympathisanten über das Tacheles zum Roten Rathaus führen.

Die Zukunft des Tacheles ist ungewiss. Wegen der Schulden der Grundstücksgesellschaft hatte die HSH-Nordbank im April eine Zwangsversteigerung beantragt und die eine halbe Stunde vor Beginn doch gestoppt. Die Verhandlungen mit Kaufinteressenten seien noch nicht abgeschlossen, hieß es. Einen neuen Termin gibt es noch nicht. Ralf Schönball

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