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Drogen-Prozess: Zweiter Anlauf gegen "El Presidente"

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat zum zweiten Mal vor dem Landgericht Berlin ein Verfahren gegen den so genannten El Presidente begonnen. Doch dessen Identität ist rätselhaft.

Berlin - Neben dem mutmaßlichen Paten der arabischen Drogenszene in Berlin sind acht weitere Männer und zwei Frauen im Alter von 26 bis 37 Jahren wegen bandenmäßigen Rauschgifthandels und Beihilfe angeklagt. Ein erster Prozess war im Juni nach dreimonatiger Verhandlung aufgrund mehrerer Befangenheitsanträge gegen die zuständigen Richter geplatzt.

Die Polizei hält den selbsternannten "Präsidenten" für eine der einflussreichsten Personen in der Berliner Unterwelt. Er war im April 2005 von einem Spezialeinsatzkommando festgenommen worden. Den Angeklagten wird vorgeworfen, in den Jahren 2003 und 2004 in wechselnder Beteiligung mit rund elf Kilo Kokain, aber auch größeren Mengen Heroin und Haschisch gehandelt zu haben.

Kronzeuge hinter Sicherheitsglas

Bis auf den mutmaßlichen Drogenboss und einen weiteren Mann wollen sich sämtliche Angeklagte im Laufe des Prozesses zu den Tatvorwürfen äußern. Auch der als Kronzeuge auftretende Ahmed A. K. kündigte eine umfassende Aussage an. Auf Anordnung des Gerichts wurden die Sicherheitsvorkehrungen zum besseren Schutz des 37-Jährigen verschärft. In Begleitung von sechs vermummten Sicherheitskräften und von mehreren Regenschirmen verdeckt wurde der ehemals engste Vertraute des Paten in eine Einzelkabine aus Sicherheitsglas geführt.

Noch vor Verlesen der Anklageschrift wurde vom mutmaßlichen Drogenboss Mahmut U. die Zuständigkeit des Gerichts gerügt. Hintergrund ist erneut die umstrittene Identität des Angeklagten. Nach Ansicht der Verteidigung wurde von der Staatsanwaltschaft "willkürlich" ein Geburtsdatum angenommen, das jeglicher "sachlichen Grundlage" entbehrt. Ihr Mandant sei nicht 34, sondern 39 Jahre alt und damit der älteste Angeklagte im Verfahren. Nach dem Geschäftsverteilungsplan, der sich nach dem Anfangsbuchstaben des ältesten Angeklagten richte, wäre damit eine andere Strafkammer zuständig, hieß es. Mit Hinweis auf eine frühere Entscheidung wurde die Zuständigkeitsrüge vom Gericht zurückgewiesen.

Umstrittene Identität

Die Identität des Hauptangeklagten hatte bereits im ersten Prozess zu Diskussionen geführt. Derzeit wird in einem Parallelverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten versucht, seine Herkunft zu klären. Die Staatsanwaltschaft beruft sich auf Angaben aus dem türkischen Personenstandsregister. Danach handelt es sich bei dem mutmaßlichen Drogenboss um den 34-jährigen Türken Mahmut U., der mit einem falschen libanesischen Pass vor 24 Jahren nach Deutschland eingereist sein soll.

Das Personenstandsregister sei "ein Muster ohne Wert", betonte dagegen die Verteidigung. Ihr Mandant sei kurdischer Libanese, 1966 in Beirut geboren und trage den Namen Mohaidine Al-Z. Würden die Angaben der Staatsanwaltschaft zutreffen, wäre ihr Mandant bereits mit zehn Jahren das erste Mal Vater geworden, argumentierte die Verteidigung. Der Prozess ist bis Februar nächsten Jahres terminiert und wird am 16. Oktober fortgesetzt. (tso/ddp)

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