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Update

Drogenproblem in Berlin-Kreuzberg: Mehr harte Drogen im Görlitzer Park als bekannt

Nachdem ein Kita-Mädchen Kokain auf einem Spielplatz im Görlitzer Park gefunden hatte, wurde nun dort auch Crystal Meth entdeckt. Anwohner starten eine Aktion und der CDU-Kreisvorsitzende nennt Kreuzbergs Bürgermeistern Monika Herrmann "durchgeknallt".

Der Drogenfund auf dem Piratenspielplatz im Görlitzer Park war größer und gefährlicher als bisher angenommen. Nach Angaben der Kita-Leiterin wurden insgesamt vier Kokainkugeln auf dem Spielplatz gefunden. Bei der anschließenden Razzia der Polizei sei auch die synthetische Droge Crystal Meth entdeckt worden. Damit bestätigt sich die Einschätzung von Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne), der Park entwickele sich zunehmend zum Umschlagplatz für harte Drogen.

Erzieher meiden den Görlitzer Park

Ein Mädchen hatte die in Cellophan verschweißten Kügelchen beim Spielen entdeckt und zunächst unbemerkt mit in die Kita genommen und dort als "Perlen" gehortet. Ein anderes Kind öffnete eine Kugel und verstreute den Inhalt. Erst mit Hilfe eines Vaters konnten die gefährlichen Kugeln identifiziert werden. "Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen", sagt die Kita-Leiterin, die anonym bleiben möchte. "Die Eltern sind sehr aufgebracht." Als erste Reaktion haben die Erzieher beschlossen, den Görlitzer Park zu meiden.

Monika Herrmann sieht nun eine Grenze überschritten. Das „Agreement“ der Dealer, ihre Depots nicht in der Nähe von Spielplätzen oder Kitas anzulegen, gelte offenbar nicht mehr.

Der Anwohner und Geschäftsmann Bülent Burma findet Herrmanns Aussage über das "Agreement" geradewegs unverschämt. Er könne die tatenlose Haltung der Bezirksbürgermeisterin nicht nachvollziehen. "Wir haben seit langem Kenntnis, dass hier im Park nicht nur mit weichen, sondern auch mit harten Drogen wie Kokain und Heroin gehandelt wird", sagt Burma. Dies habe die Initiative, in der der Mitglied ist, auch dem Bezirk und der Polizei kund getan. Aber sie seien damit nicht durchgedrungen. Nach dem jüngsten Fund harter Drogen fühle sich Burma bestätigt, dass Ziel gerichteter gegen den Drogenhandel vorgegangen werden müsse.

Flugblätter zur Warnung

Die Initiative, die aus vielen Migranten und Geschäftsleuten aus dem Kiez besteht, wolle abermals Flugblätter mit Warnungen vor den harten Drogen im Park in die Briefkästen der umliegenden Häuser werfen. Burma wiederholt zudem seine Forderungen, die er bereits vor einigen Wochen gestellt hatte: Härtere und umfangreichere Kontrollen, nicht nur durch die Polizei, sondern auch durch private Wachschützer sowie die Möglichkeit, Videokameras im Park zur Überwachung installieren zu dürfen. Hier sei aber die Politik gefragt, die Forderungen anzunehmen und umzusetzen.

Unterstützt werden die Mitglieder vom CDU-Kreisvorsitzenden Kurt Wansner. Für ihn sei die Tatsache, dass in dem Park auch mit harten Drogen gehandelt wird, keine Überraschung. Er sieht keinen Fortschritt in der Bekämpfung des Drogenhandels. Mit in der Verantwortung sieht er Monika Herrmann, die er als "durchgeknallte Bezirksbürgermeisterin" bezeichnet. Statt konkret gegen den Handel vorzugehen, setze sie sich sogar für einen "Coffee-Shop" ein, in dem Cannabis legal erworben werden darf, um den Handel einzudämmen.

Die Polizei teilte mit, dass der überwiegende Teil der Drogen, die im Görlitzer Park verkauft werden, Cannabis-Produkte sind. "Nur vereinzelt wird in diesem Bereich der Handel mit Kokain, Heroin oder Amphetaminen festgestellt", sagte eine Polizeisprecherin.

"Leben von Kinder bedroht"

"Das Leben von Kindern ist ernsthaft bedroht", sagt Antje Kapek, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus und zugleich Mutter eines Kita-Kindes, das öfters auf dem Spielplatz im Görlitzer Park unterwegs ist. Der Piratenspielplatz wurde erst vor einem Dreivierteljahr erweitert und neu eröffnet. Eine Anwohnerinitiative kümmert sich um den Platz, will „die gesamte Fläche zu einem Barfußort“ entwickeln: „frei von Müll, Kippen, Kronkorken, Scherben und Hundekot“, heißt es in einer Mitteilung des Bezirks.

Auf den jüngsten Drogenfund im Görlitzer Park reagieren Anwohner unterschiedlich. Eine Mutter eines vierjährigen Kindes, die ihren Namen nicht nennen mag, sagt, sie gehe mittlerweile gar nicht mehr in den Görlitzer Park. Der Grund: Früher habe ihr Sohn sie einmal gefragt, was die Männer im Park denn dort vergraben. Dass die Drogendealer dort ihre Cannabis-Reserven bunkern wollte sie ihm nicht erklären müssen. Zwar findet sie, dass die Grünflächen dort schön sind, doch sie traue sich aufgrund der ganzen Problematik dort nicht mehr hin.

Parkbesucher Jan Köster
Parkbesucher Jan Köster

© Lea Runge

Anwohner Jan Köster (42) sagt, er findet es "eigentlich ganz gut, dass in Kreuzberg nicht alles so strikt reglementiert ist", aber in so einem Fall sei ganz klar eine Grenze erreicht, da es sich bei diesem Fund um harte Drogen handelte. Hier sollte eingegriffen werden, findet er. Kristin S., 26 Jahre, und selbst auch Mutter eines kleinen Sohnes wiederum findet den Drogenhandel im Park prinzipiell in Ordnung - nur auf Spielplätzen sollte der Verkauf der Rauschmittel nicht passieren. Sie könne den Handel deshalb tolerieren, weil sie weiß, dass die meisten Händler als Asylsuchende in Deutschland nicht arbeiten dürfen. Deshalb findet sie eine Vereinbarung, dass die Händler dort toleriert werden, aber Kinderspielplätze meiden, angebracht.

Nach dem Drogenfund wurde die Sandfläche gereinigt. Die Polizei durchkämmte den gesamten Park mit Spürhunden. Zusammen mit Polizei, Ordnungsamt und dem Quartiersmanagement Wrangelkiez will die Bezirksbürgermeisterin jetzt ein Sicherheitskonzept für den Park erarbeiten. „Immer nur Razzien zu machen, bringt nichts“, sagt sie. „Wir wollen keinen Polizeipark.“ Auch mit den Drogendealern werde man reden, kündigte Herrmann an. „Eine Szene, die mit harten Drogen handelt, wollen wir hier nicht.“ Der geplante Coffeeshop habe mit dem Konzept aber nichts zu tun.

Nachfrageschub durch Tourismus

Antje Kapek fordert eine "bezirksübergreifende Strategie". Das Problem des Dealens trete verstärkt entlang der "Haupttouristenrouten" auf. Touristen zählten zu den Hauptabnehmern von Drogen.

Der Görlitzer Park ist einer der größten Drogenumschlagplätze der Stadt. Bisher galt die Parkfläche als Handelsplatz für weiche Drogen wie Cannabis. Die Polizei macht regelmäßig Razzien – allein im vergangenen Jahr gab es 138 Einsätze – und hebt so genannte Bunker aus, wie die Drogenverstecke genannt werden.

Im vergangenen Herbst wurde der Schriftsteller Raul Zelik im Park brutal zusammengeschlagen. Sein Fall löste eine Debatte darüber aus, ob die Dealer den Park zu einem gefährlichen Ort gemacht haben. Erst vor wenigen Tagen wurden zwei Parkbesucher geschlagen und ausgeraubt.

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