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Berlin: Düsenlärm vor Gericht

Großflughafen: Gestern wurde in Leipzig über die Standortentscheidung für Schönefeld gestritten

Der Flughafenstandort Sperenberg ist tot – und lebt doch wieder. Zumindest vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Am zweiten Verhandlungstag zu den Klagen über den Ausbau Schönefelds zum Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) stand gestern die Frage der Standortwahl im Mittelpunkt.

Einig waren sich die Anwälte der Kläger und des beklagten Landes Brandenburg, das den Ausbau Schönefelds genehmigt hat, in einem Punkt: In Sperenberg wäre die Zahl der vom Fluglärm betroffenen Menschen erheblich geringer gewesen als in Schönefeld. Doch was die Zahl der Betroffenen angeht, gibt es unterschiedliche Auffassungen. Die Planfeststellungsbehörde ermittelte 31 000 Menschen in Schönefeld und knapp 2000 in Sperenberg, die unter Lärm ab einem Wert von 62 Dezibel zu leiden hätten.

Franz Günter Siebeck, einer der Klägeranwälte, zweifelte die Zahlen für Schönefeld an. Er spricht von 75 000 oder gar mehr als 100 000 Betroffenen. Dass es beim 62-Dezibel-Grenzwert insgesamt mehr Lärmgeschädigte gebe als die ermittelten 31 000, bestätigte auch der Anwalt des Landes, Klaus-Peter Dolde. Auf eine exakte Zahl legte er sich aber nicht fest. Obwohl der Lärmschutz in Schönefeld ein wesentlich größeres Problem als in Sperenberg sei, habe sich die Planfeststellungsbehörde für den stadtnahen Standort entschieden, weil die anderen Vorteile bei Schönefeld lägen.

Im Landesentwicklungsplan seien beim Standortvergleich fünf Kriterien festgelegt. Bei der geforderten „engen räumlichen Beziehung zum Hauptaufkommensgebiet“ der Passagiere liege Schönefeld ebenso vorn wie bei der verkehrlichen Einbindung ins Straßen- und Schienennetz des Nah- und Fernverkehrs. In Sperenberg fehle vor allem die Flächenerschließung, so Dolde. Dies betreffe vor allem Mitarbeiter des Flughafens, die zum größten Teil mit dem Auto zum Arbeitsplatz führen. Knapp 20 000 Menschen sollen später am Flughafen arbeiten. Heute sind es bei den drei Berliner Flughäfen etwa 14 000.

Zudem biete Schönefeld bessere Möglichkeiten für eine wirtschaftliche Entwicklung – und damit für Arbeitsplätze – als Sperenberg. Dort seien auch die Eingriffe in den Natur- und Umweltschutz erheblich größer. In Sperenberg gebe es lediglich „Rudimente einer militärischen Nutzung“ durch die Sowjetarmee, die zu nichts zu gebrauchen seien.

Dem widersprachen die Klägeranwälte. Sperenberg lasse sich ähnlich gut wie Schönefeld ans Straßen- und Schienennetz anbinden, so Klägeranwalt Siebeck. Die vierspurige Bundesstraße B 101 ende kurz vor Sperenberg; der Bahnanschluss ließe sich sogar um 250 Millionen Euro billiger bauen als in Schönefeld. Dort sollen Bahnhof und Gleisanschluss zum Berliner Außenring 496 Millionen Euro kosten. Dafür wäre der Bahnhof in Schönefeld nur wenige Meter vom Abfertigungsgebäude entfernt, weil er unter dem Terminal liegen soll, während die Start- und Landebahnen in Sperenberg weit weg von den Gleisen liegen.

Die Entscheidung für Schönefeld sei eine politische gewesen, die 1996 vom damaligen Regierenden Bürgermeister Diepgen (CDU), Brandenburgs Ministerpräsident Stolpe (SPD) und Bundesverkehrsminister Wissmann (CDU) getroffen worden sei, so die Klägeranwälte. Dieser so genannte Konsensbeschluss sei Vorgabe für die Landesplanung mit dem Standort Schönefeld geworden.

Dagegen konterte der Anwalt des Landes, Dolde, die Untersuchungen zum Landesentwicklungsplan hätten unabhängig von Konsensbeschluss zur Standortentscheidung für Schönefeld geführt. Die Verhandlung in Leipzig wird morgen fortgesetzt.

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