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Berlin: Dunkle Geschäfte am helllichten Tag

Seit Jahren wird rund um den Weinbergspark in Mitte mit Drogen gehandelt Die Polizei unternimmt ihr Möglichstes. Doch Dealer schreckt das kaum

Wenn der Döner-Händler an seinem Grill steht und durch die Scheibe seines Ladens schaut, ist es ein bisschen so wie Kino: „Action, so gut wie jeden Tag. Immer Polizei und dann die Drogendealer, die schnell abhauen“, erzählt er. Und für diesen Film hat er eine Jahreskarte. Vor ihm liegt der Volkspark am Weinberg in Mitte, der „Weinbergspark“, wie er auch genannt wird. Er gilt als Kriminalitätsschwerpunkt – und das bereits seit Mitte der 90er Jahre. Das Problem hier: Der offene Drogenhandel im Park und in den nahe gelegenen U-Bahnhöfen Weinmeisterstraße, Bernauer Straße und Rosenthaler Platz.

Die Hinterlassenschaften der Drogenkonsumenten, die ihr Heroin durch Aluminium-Röllchen konsumieren, liegen überall im Park. „Anfangs habe ich mich noch gewundert, warum die Kunden bei mir ständig gefragt haben, ob ich ihnen ein Stück Alufolie verkaufen könnte“, sagt der türkische Imbiss-Inhaber. Mittlerweile weiß er, dass er mit seinem Laden mitten drin sitzt im offenen Drogenhandelsgebiet. Dealern, die er vom Sehen kennt, habe er Hausverbot erteilt. Die Mitarbeiter der Stadtreinigung (BSR) haben noch ein ganz anderes Problem: Das achtlos weggeworfene Besteck und die gebrauchten Spritzen liegen ebenfalls in der Grünanlage herum. „Schon mehrere Kollegen haben sich im vorigen Jahr an den Spritzen verletzt“, sagt ein BSR-Mann.

Dies versucht die BVG, auf den Bahnhöfen zu verhindern. Die Mitarbeiter patrouillieren dort. Doch der Handel geht weiter. Die U-Bahnhöfe bieten den Dealern eine gute „Tatgelegenheit“, wie es bei der Polizei heißt: Sind Beamte im Anmarsch, springen die Händler schnell in einen der Waggons.

„Warum tut denn die Polizei nichts dagegen?“, empören sich vor allem die Anwohner. Unzählige Beschwerden haben den Leiter des zuständigen Polizeiabschnitts 31, Andreas Just, in den vergangenen vier Jahren erreicht. Doch die Behauptung, dass die Polizei nichts unternehme oder gar wegschaue, ärgert ihn maßlos. „Die Bekämpfung der Drogenkriminalität hat für uns in diesem Bereich Priorität. Wir arbeiten mit Höchsteinsatz“, erklärt der Polizeidirektor. Nahezu täglich seien seine Beamten entweder in zivil oder in Uniform im Weinbergspark und auf den U-Bahnhöfen präsent.

618 Personen wurden im vergangenen Jahr überprüft, 556 mutmaßliche Drogendealer erhielten „Platzverweise“. Die „Stundenzahl der Kräfte“, also der ermittelnden Beamten, sei von 581 auf rund 1100 Stunden fast verdoppelt worden. Doch sobald die Polizei im Park einen Schwerpunkteinsatz startet, flüchten die Dealer in die U-Bahnhöfe – und umgekehrt. Just sagt es ganz deutlich: „Wir können die Drogenhändler nur woanders hin verdrängen, nicht gänzlich beseitigen.“ Das Drogenproblem sei ein gesamtgesellschaftliches. Dies könne die Polizei mit ihren Mitteln nicht allein lösen.

Seit einiger Zeit gibt es einen „Runden Tisch“. Denn besorgte Anwohner haben eine Bürgerinitiative gegründet. Mit dabei sind neben der Polizei auch das Bezirks- und Grünflächenamt sowie die BVG. Nur gemeinsam könne man Lösungen finden, um das Problem in den Griff zu bekommen. Um beispielsweise im Park das „Sicherheitsgefühl“ zu erhöhen, seien die Hecken beschnitten worden. Die Dealer sollen so weniger Gelegenheit haben, ihren Handel im Verdeckten betreiben zu können. „Auch über eine Beleuchtung im Park wird diskutiert“, sagt Just. Trotz aller Beschwerden ist er guter Dinge, dass diese kleinen Schritte irgendwann zum Erfolg führen. Vor allem, weil es Menschen aus dem Kiez gebe, die sich „über die Maßen“ dafür engagieren.

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