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Berlin: Durchgefallen: Student drohte Prüfer mit Mord Beim Prozessauftakt schwieg der 32-jährige Alaa S.

Er hatte einen Wachmann mit dem Messer verletzt

Über zehn Jahre hatte Alaa S. an der Technischen Universität studiert. In den mündlichen Prüfungen war er ganz gut, doch dann stand die schriftliche Studienarbeit im Fach Luftfahrzeugbau an. Weil sie sprachlich katastrophal ausfiel, entschied der Professor: durchgefallen. Da soll der staatenlose Palästinenser S. ausgerastet sein. Laut Anklage drohte er seinem Prüfer an, zwei palästinensische Kämpfer auf ihn zu hetzen. Kurz danach soll er einen Wachmann mit einem Messer am Hals verletzt haben.

Im Prozess vor dem Landgericht verweigerte der 32-jährige Alaa S. gestern die Aussage. Er ist ein schmächtiger Mann mit Drei-Tage-Bart, Brille und dunklen Locken. An der Uni kannte man ihn als Eigenbrödler. Der Campus war zuletzt sein Zuhause: In seinem Schließfach fand man Lebensmittel, Rasier- und Zahnputzzeug. Im Gerichtssaal sitzt ein Dolmetscher an seiner Seite. Mit dem Angeklagten sei lediglich eine „einfache Kommunikation“ möglich, sagt der Verteidiger. Für den bedrohten Professor Jürgen T. vom Institut für Luft- und Raumfahrttechnik ist es geradezu ein „Mysterium“, dass Alaa S. das Grundstudium angesichts seiner eher dürftigen Deutschkenntnisse schaffte. Als Probe aufs Exempel stellte sich dann die Studienarbeit heraus. „Sie war fachlich gar nicht zu beurteilen“, sagte der Akademiker.

Im Dezember letzten Jahres rief ihn Alaa S. immer wieder an. „Welche Note“, wollte er wissen. Schließlich kam die Antwort: „Durchgefallen.“ Fünf Minuten später stand der Student vor dem Professor und brüllte: „Die Arbeit ist bestanden!“ Der 54-jährige Akademiker versuchte, mit dem Mann zu reden. „Aber er sprach immer wieder die Drohung aus, mich töten zu wollen.“ Der Professor wusste, dass S. „völlig kontaktlos“ war. Er wusste aber nicht, dass S. bereits seit 2001 Hausverbot hatte und wegen eines Angriffs auf dem Campus sogar im Gefängnis saß.

Dem Professor drohte Alaa S. nun, „palästinensische Kämpfer“ zu schicken. Der Hochschullehrer glaubt allerdings, dass er sich damit nur wichtig machen wollte – als eine Art „Trittbrettfahrer auf der Terrorismus-Angstwelle“. Mehrfach habe er versucht, Alaa S. zur Vernunft zu bringen. „Ich bot ihm die Hand“, berichtet der Akademiker. Doch statt der erhofften Entschuldigung kamen erneut verbale Attacken.

Der Professor bekam zwei Personenschützer, Alaa S. wurde der Universität verwiesen. Einen Tag später schlenderte er bereits wieder auf dem Campus herum. Wachmänner wurden auf ihn aufmerksam. „Wir sprachen ihn an, er drehte sich wortlos um und drohte uns mit einem Küchenmesser“, sagte Andreas H. im Prozess. Einer seiner Kollegen konnte Alaa S. überwältigen, wurde dabei aber am Hals verletzt.

Im Prozess muss geprüft werden, ob S. schuldfähig ist. Sollten die Richter zu der Überzeugung gelangen, dass er psychisch krank ist, droht ihm die Einweisung in die Psychiatrie. Alaa S. aber hat nach Angaben seines Verteidigers ein anderes Ziel: „Eine kurze Freiheitsstrafe und dann Abschiebung.“

Kerstin Gehrke

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