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Berlin: Eher Disco als Speer (Kommentar)

Die kurze Debatte um das Lichtspektakel rund um die Siegessäule ist mit einem typisch bundesdeutschen Ergebnis geendet: einem Kompromiss. Die Macher dürfen - dafür verzichten sie auf alles, was an Naziästhetik erinnern könnte.

Die kurze Debatte um das Lichtspektakel rund um die Siegessäule ist mit einem typisch bundesdeutschen Ergebnis geendet: einem Kompromiss. Die Macher dürfen - dafür verzichten sie auf alles, was an Naziästhetik erinnern könnte. Die Siegessäule wird in blauem Neonlicht verschwinden - eine Verhüllung, die den Ort verkünstelt und damit enthistorisiert. Und das Ganze wird werden, was die Macher trotzig gegen ihre Kritiker immer behauptet hatten: eine bunte Lightshow, die an eine Disco und nicht an Speer denken lässt. Kann sein, dass dies eine sozialdemokratische Lösung ist, aber sie ist richtig. Ein Verbot hätte vielleicht den unguten Eindruck hinterlassen, dass hier Antifa-Kommissare die Massen um ihren Spaß gebracht hätten. Doch das ursprüngliche Konzept war dicht an Speer angelehnt. Mag sein, dass die Macher dies nicht wollten - gerade unbewusste Wiederholungen sind verräterisch. Vielleicht war diese Debatte ein Modell für die Zukunft. Die Front verläuft nicht mehr zwischen jenen, die die NS-Geschichte relativieren wollen, um Deutschland als normale Großmacht zu etablieren, und jenen, die dies verhindern wollen. Der neue Streit wird sich mehr um Symbole als um Politik drehen. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die, wie die Macher, der Geschichte völlig indifferent gegenüberstehen - auf der anderen jene, die auf der historischen Aufladung beharren.

sr

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