zum Hauptinhalt

Berlin: Eichen können weichen, Buchen musst du bald suchen

Kommt jetzt das Kettensägenmassaker? Berlins Bäume dürfen künftig schneller gefällt werden. Viele Arten sind ganz aus dem Schutz gefallen

Der Baum im Hof nimmt Ihnen das ganze Licht? Da hatten Sie bisher Pech. Die Berliner Baumschutzverordnung ließ es nur unter engen Voraussetzungen zu, den Baum zu fällen oder ihm auch nur einen Ast abzusägen. Das ist jetzt anders, Umweltsenator Peter Strieder (SPD) hat die Verordnung geändert. Seit dem 2. April ist die neue Version in Kraft. Hat der Stamm weniger als 80 Zentimeter Umfang, darf der Baum vor dem Fenster ohne Genehmigung gefällt werden. Ist er dicker, so dürfen ihm immer noch Äste bis maximal 15 Zentimeter Umfang abgesägt werden, wenn das „zur Verhinderung einer Verschattung von Wohn- und Arbeitsräumen erforderlich ist“, wie es in der Verordnung heißt. Auch der Klassiker des Nachbarschaftsstreits, „Ihre Zweige ragen auf mein Grundstück“, kann rascher enden: Bis 15 Zentimeter Umfang dürfen solche Äste abgesägt werden. Natürlich nur vom Baumeigentümer.

Weitere wesentliche Neuerungen sind: Bei den Nadelbäumen ist nur noch die Waldkiefer geschützt. Laubbäume bleiben komplett geschützt, ebenso die Obstbaum-Arten Walnuss und Türkischer Baumhasel. Mit „geschützt“ ist gemeint, dass diese Bäume ab einem Stammumfang von 80 Zentimetern, gemessen 1,30 Meter über dem Erdboden, nur mit Genehmigung gefällt werden dürfen. Grundsätzlich gilt aber weiterhin, dass jeder Eigentümer oder sonstige Grundstücksnutzer verpflichtet ist, die Bäume auf seinem Grundstück zu erhalten und zu pflegen.

Für die neue Baumschutzverordnung musste Strieder Kritik von vielen Seiten einstecken. Die grüne Abgeordnete Felicitas Kubala warf ihm vor, den Weg für „Baummassaker“ frei gemacht zu haben. Naturschützer bangen um Berlins Ruf als grüne Metropole. „Mit der Novellierung werden die Bäume fallen“, fürchtet Herbert Lohner vom Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund). „Das Berliner Stadtgrün hatte es in den letzten Jahren durch Wetterextreme und Baumaßnahmen schwer genug“, sagte Lohner.

Auch Hartmann Vetter vom Berliner Mieterverein fürchtet: „Das gibt ein Gemetzel, vor allem in den grünen Randbezirken.“ In der Innenstadt sieht Vetter weniger Gefahren. „Die alte Kastanie im Hinterhof ist meist größer und damit geschützt“, so Vetter. Wer als Mieter einen Baum loswerden wolle, könne das ohnehin nicht einfach selbst machen, sondern müsse versuchen, den Vermieter dazu zu bringen. Und der dürfe es auch nicht in jedem Fall.

Strieder verteidigte sich gegen die Vorwürfe. Die neue Verordnung verringere Bürokratie und stärke die Eigenverantwortung von Haus- und Grundstücksbesitzern: „Die Regelungen stellen keinen Aufruf zum Kahlschlag dar.“ Eckhard Beleites vom Verband der Grundstücksnutzer hätte sich noch viel mehr Eigenverantwortung gewünscht. „Da hätte wesentlich stärker entbürokratisiert werden können“, sagte Beleites. „Man sollte nur regeln, was man auch kontrollieren kann.“ Ob jemand sein Auto zu dicht am Baum wasche (verboten) oder ein Wasserrohr zu nah verlege (auch verboten), kontrolliere doch niemand. An bevorstehende große Baumfäll-Aktionen glaubt Beleites nicht. „Wir Grundstückseigentümer sind ja selbst am Baumbestand interessiert und gehen pfleglich damit um.“ In diesem Sinne schaffen es zerstrittene Nachbarn ja vielleicht auch, im Sommer ein Bier im Schatten der überhängenden Zweige zu trinken, statt sie im Zwist abzusägen.

Fatina Keilani

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false