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Berlin: Eigene Praxis gesprengt

Ein 60-jähriger Kieferchirurg steht vor Gericht, weil er eine Explosion in Zehlendorf verursachte

Der Arzt stand in einer Benzinpfütze, als er ein Streichholz aus der Schachtel nahm. Angeblich haderte er mit dem Leben, wollte nach einem gescheiterten Verkauf seine Praxis in Flammen aufgehen lassen und dann auch wieder nicht. „Pro und contra – das schwankte in meinem Kopf hin und her“, sagte er am Donnerstag vor Gericht. Die Explosion, die der 60-jährige Joachim L. im „Forum Zehlendorf“ verursachte, war gewaltig. Fenster und Türen wurden aus der Halterung gerissen, Wände stürzten ein. Der Schaden betrug am Ende 2,5 Millionen Euro.

In der Nacht zum 27. Juni hatte der promovierte Zahnarzt und Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie drei gefüllte Kanister in sein Auto geladen. Er fuhr zu seiner Praxis, verteilte die 50 Liter. Nach dem Wochenende hätte Joachim L. die Räume verlassen müssen. „Dass die Praxis, die ich mit hohem Engagement geführt habe, abgebaut und im Container verschwinden würde, war für mich hoch belastend“, stöhnte der Angeklagte. In der Situation sei ihm der Gedanke gekommen, „die Praxis und mich selbst auszulöschen“. Er schluckte nach eigenen Angaben Tabletten, um sich zu beruhigen. Er habe dann „völlig inadäquat reagiert“. Die Anklage geht von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Den Mietvertrag hatte er selbst gekündigt und auf einen Interessenten aus der Schweiz gesetzt. Der zahlte zwar 10 000 Euro an, sprang aber „wegen der weltweiten Finanzlage“ ab.

Als Joachim L. die Praxis 1998 eröffnete, soll sie bald gut gelaufen sein. Doch in der letzten Zeit habe der Porschefahrer zum Teil ungeduldig und unfreundlich gewirkt, sagte eine Zeugin. Mit einem anderen Praxisinhaber in dem Gebäude am Teltower Damm gab es Streit. Die Idee zum Brand entstand angeblich spontan am Abend. „Es erstaunt, dass Sie die Sprinkleranlage mit Folie abgeklebt haben“, warf die Vorsitzende Richterin ein. Er habe Wasserschäden vermeiden wollen, sagte er. „Ich rechnete auch nicht mit einer solchen Wirkung.“ Warum er nach der Explosion nicht die Feuerwehr rief? „Ich habe nicht daran gedacht.“ Der Arzt nahm zu Hause ein Bad, schlief dann bis in den Samstagvormittag hinein. Die Polizei vernahm ihn zunächst als Zeugen. „Ich hatte noch keine Beziehung zu dem, was passiert war“, sagte er. Der Prozess geht am Montag weiter. K. G.

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