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Berlin: Ein echter Schlager

Heute Abend ist der Grand Prix, für den Comedy-Künstler Thomas Hermanns ein großes Fest. Erst recht, wenn die Aufmerksamkeit und Zuschauerquoten zurückgehen

Nach Wien und München feiern Thomas Hermanns und Georg Uecker ihre GrandPrix- Party heute erstmals in Berlin – im Quatsch Comedy Club. Matthias Oloew sprach mit dem Comedy-Künstler über den Grand Prix.

Herr Hermanns, was bedeutet für Sie der Grand Prix?

Die größte Errungenschaft der europäischen Vereinigung.

Wie bitte?

Ja, mehr noch als der Binnenmarkt und der Euro. Wer hat an dem Euro schon Spaß? Aber am Grand Prix freuen sich Millionen jedes Jahr.

Gleichzeitig lassen Sie in Ihren Kommentaren an der Show kein gutes Haar.

Wir sind böse, auch bissig, aber nie zynisch. Daran erkennt man, wer den Grand Prix liebt. Und wir lieben ihn wirklich. Zynismus aber mögen die Fans nicht.

Erklären Sie diese Liebe bitte.

Das ist wie die Liebe zu einem hässlichen Kind, das immerfort auf der Heimorgel spielt, es aber nicht hinbekommt. Das fängt man ja auch nicht an deshalb zu hassen.

Und was macht die Faszination aus?

Dass der große Aufwand für die Show in keinem Verhältnis zur schlechten Qualität steht. Und dass zwar immer das beste Lied gesucht wird, aber das beste Lied nie gewinnt. Es kommt eben nur auf die Inszenierung an, die drei Minuten, die jedes Land Zeit hat. Es zählen das Aussehen, Gefühle und der große Blumenhut.

Warum ist gute Musik beim Grand Prix so selten?

Das schließt sich genau so aus, wie die Chance, dass John Waters vorlagentreu die Bibel verfilmt. Und das macht die Show so unwiderstehlich. Der Versuch der letzten Jahre, den Wettstreit mit guter Musik zu bestücken, hat ja nichts gebracht. Das zeigt auch die Teilnahme-Bilanz von Großbritannien, der großen Pop-Nation. Die müsste in der Logik eines Song-Wettbewerbs jedes Mal vorne liegen. Aber der Grand Prix hat seine eigenen Gesetze.

Dazu gehört auch, dass die Stars des Abends auch nicht unbedingt gewinnen.

Das werden in diesem Jahr die Russen bitter erfahren. Sie haben mit t.A.T.u. eine Nummer-Eins-Formation am Start, aber das reicht eben nicht.

Was macht einen guten Grand-Prix-Song aus?

Thematisch muss alles drin sein: Frieden, Gentechnik, Kinder, die spielen wollen, und musikalisch mindestens eine Modulation.

Klingt überfrachtet.

Das ist überfrachtet. Und deshalb auch so einmalig.

Würden Sie an einem Grand Prix teilnehmen?

Nein, das ist die Hölle, wenn man vorne steht und auf die Wertungen wartet. Beim „wahren Grand Prix“ vor ein paar Jahren war ich dabei, hatte ein Stück geschrieben, das „Hallo 2000“ hieß, gesungen von der Gruppe „Generation 2000“.

Wie haben Sie abgeschnitten?

Im vorderen Drittel. Das hat mir gereicht.

Es wird wieder über die Show diskutiert, denn die Quoten gehen zurück. Besteht Gefahr für den Grand Prix?

Nein, eher eine Chance, dass die obskuren Elemente der Show erhalten bleiben und nicht ausgebügelt werden. Die ARD interessiert sich Gott sei Dank nicht für Quoten. Deshalb zahle ich auch meine Gebühren, lasse jedes Jahr morgens um zehn den Mann von der GEZ bei mir klingeln, und zahle, weil ich will, dass der Grand Prix finanziert wird. Es ist nun mal das Bestechende, dass die Show weder Quoten noch Hits produziert.

Klingt nach einem Desaster.

Ist aber ein großer, feierlicher Tag.

Was gehört zur guten Grand–Prix- Party?

Die richtigen Leute, der Käse-Igel, Alkohol…

…Eierlikör?

Nee, der Grand Prix ist definitiv ein Champagner-Ereignis: festliche Garderobe, übertriebene Feierlichkeit.

Ihre Kommentare sind aber nicht feierlich. Zum Beispiel, wenn sie Charlotte Nilsson, die Gewinnerin aus Schweden 1999, als „Porno-Puppe mit aufgespritzten Lippen“ bezeichnen…

Ich erinnere mich auch an unsere Kommentare zu Celine Dion, die 1988 für die Schweiz gewann. Für mich ist sie eine Hausfrau in Gucci, für Georg das magersüchtige Frettchen aus Kanada.

Was sagt denn Ihr Gast Mary Roos zu solchen Sätzen?

Sie hat einen trockenen Humor und kann das gut verstehen. Außerdem kann sie viele hintergründige Anekdoten aus dem Showbiz erzählen.

Aber sie hat auch beim Grand Prix gesungen…

…mit wirklich schönen Liedern, solche, die man heute, in der Easy-Listening-Phase, wieder entdeckt. Und sie war immer erfolgreich, zum Beispiel mit „Nur die Liebe lässt uns leben“.

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