zum Hauptinhalt

Berlin: Ein ehemaliger Streifenpolizist auf der schiefen Bahn

André H. soll noch weitere Überfälle begangen haben.

André H. soll noch weitere Überfälle begangen haben. Seinen Dienst im Abschnitt 48 in Tempelhof hatte er erst im Februar 1999 quittiertW. Schmidt und H. Stark

Der erschossene Posträuber André H. (28), ein ehemaliger Streifenpolizist vom Abschnitt 48 an der Götzstraße in Tempelhof, soll noch weitere Raubüberfälle in Brandenburg begangen haben. Am Freitag wurde ein mutmaßlicher 20-jähriger Komplize festgenommen. In Potsdam erging Haftbefehl gegen den Mann, der noch in der Ausbildung steckt. Auch ein Polizeikollege des Erschossenen war ins Zwielicht geraten, weil er bis zuletzt Kontakt zu André H. hatte. Allerdings erhärtete sich der Verdacht gegen diesen Beamten nicht.

Auch der Bruder des von drei Polizeikugeln Getöteten befindet sich im Visier der Ermittler. Wie berichtet, hatte André H. am vergangenen Mittwoch versucht, in Teltow eine Postdienststelle zu überfallen. Er flüchtete ohne Beute und wurde in Berlin von Kollegen in Zivil verfolgt. Mehrmals schoss er auf sie, traf aber nicht. Als er nach einem Unfall an der Machnower Straße zu Fuß flüchtete und anschließend erneut aus geringer Entfernung auf die früheren Kollegen schoss, feuerten diese zurück. Eine Kugel durchschlug seine Lunge. An dieser Verletzung starb der Mann.

Im Februar dieses Jahres hatte der Beamte seinen Dienst aus freien Stücken quittiert. Nach Darstellung von Polizeipräsident Hagen Saberschinsky im gestrigen Innenausschuss des Abgeordnetenhauses hatte H. Alkoholprobleme. Deswegen sei ihm auch der Dienst mit der Waffe untersagt worden, und er wurde in den Innendienst versetzt.

Bereits 1992 wurden disziplinarische Ermittlungen gegen ihn geführt, weil er im Volkspark Mariendorf eine Schlägerei angezettelt haben soll. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Außerdem gehörte André H. einer Fangruppe des BFC Dynamo an und war offenbar kein Unbekannter in Hooligan-Kreisen. Noch während seiner Dienstzeit soll er in Bierlaune schon mal gerufen haben: "Wir sind keine Fußballfans - wir sind deutsche Hooligans", berichtete ein Kollege. "Ich hätte nicht geglaubt, dass es einmal so mit ihm zu Ende geht."

Kollegen schildern André H. als einen "ganz netten, gut zu leidenden Polizeibeamten" von "durchschnittlichem Intellekt". Die dienstliche Beurteilung bezeichnete Saberschinsky gestern als "voll befriedigend".

Es besteht der dringende Verdacht, dass H. in Brandenburg noch mindestens drei weitere Raubüberfälle, unter anderem auf ein Postamt und einen Getränkemarkt, verübt hat. © 1999

W. Schmidt, H. Stark

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false