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Berlin: Ein Ende mit Schrecken

Das teure System der Wohnungsbauförderung konnte sich Berlin schon seit langem nicht mehr leisten – und jeder Politiker wusste es.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) erinnert sich noch daran, als er im Bundesfinanzministerium für die Wohnungsbauförderung zuständig war: „Da haben wir über die West-Berliner mit ihrem Fördersystem die Hände gerieben.“ Mit Kostenmieten bis 18 Euro (ehemals 35 Mark) war der Soziale Wohnungsbau in der eingemauerten Stadt konkurrenzlos teuer. Um diese Wohnungen bezahlbar zu machen, wurden die Bau- und Finanzierungskosten mit Milliardenbeträgen aus dem Landeshaushalt subventioniert.

Dieses Fördersystem, dass sich aus Aufwandsdarlehen und -zuschüssen zusammensetzt, die jährlich geringer werden, war in der Blütezeit des sozialen Wohnungsbaus auch in anderen Bundesländern üblich. Doch spätestens in den achtziger Jahren verabschiedeten sich die anderen Länder von der sündhaft kostspieligen Förderung, mit der die Kosten des staatlich organisierten Wohnungsbaus den folgenden Generationen aufgebürdet werden. Der Berliner Senat machte erst 1998 Schluss damit. Seitdem lasten alle alten Förderjahrgänge auf dem Berliner Etat. Zunächst war geplant, die Subventionen nach 15 Jahren auslaufen zu lassen. Aber die Annahme, dass sich das Wohnungseigentum – bei sozialverträglichen Mieten –dann von selbst rentiert, erwies sich als Trugschluss. Anschlussförderungen auf weitere 15 Jahre wurden gewährt. Mit dem absurden Ergebnis, dass mittelmäßige Sozialwohnungen den Staat oft teurer kommen, als wenn er dem Mieter ein Einfamilienhaus am Stadtrand geschenkt hätte.

Bliebe alles beim Alten, müsste der Senat auch nach 30 Jahren noch viel Geld nachschießen. Denn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat ausgerechnet, dass im Durchschnitt 93 Jahre vergehen, bis ein Fördervertrag voll bezahlt und endgültig abgewickelt ist. 1,2 Milliarden Euro muss Berlin jährlich für die Wohnungsbauförderung einplanen. Kein anderes Land, keine andere Großstadt in Deutschland gibt für diesen Zweck auch nur annähernd so viel Geld aus. Diesem Wahnsinn wird jetzt ein Ende gesetzt. Allein die Sozialwohnungen, die 1987 bis 1997 gebaut wurden und deren Erstförderung ab Januar 2003 schrittweise ausläuft, hätten den Berliner Etat mit 3,3 Milliarden Euro (auf 15 Jahre verteilt) belastet.

Der unsanfte Ausstieg, zu dem sich der rot-rote Senat auf Empfehlung einer Expertenkommission wohl entschließen wird, führt immerhin zu Ersparnissen von einer Milliarde Euro. Mit einer Radikallösung – ohne jede Rücksicht auf Eigentümer und Mieter – hätte sich die Sparsumme verdoppeln lassen. Um den Preis sozialer Konflikte und mehrerer hundert Pleiten auf einen Schlag, für die Berlin und der Bund sofort hätten haften müssen. Mit Bürgschaften von 1,5 Milliarden Mark. Und alle betroffenen Wohnungseigentümer wären – mit guten Erfolgsaussichten – vor Gericht gezogen.

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