zum Hauptinhalt

Berlin: Ein Fürstentum an der Spree

Liechtenstein ist hier erstaunlich präsent – bald auch auf der Tourismusbörse

Von außen sieht das Botschaftsgebäude imposant aus, mit der riesigen Fensterfront und der Flagge überm Eingang. Aber die Flagge ist nicht die von Liechtenstein. Sondern von Chile, der lateinamerikanische Staat hat hier ebenfalls seine Vertretung. Der Botschafter Liechtensteins residiert oben im sechsten Stock in zwei Zimmern. „Zwei großen Zimmer“, sagt Katrin Bastian und grinst. Sie ist die wissenschaftliche Referentin des Botschafters. Mit der Sekretärin sind sie zu dritt. Das ist nicht viel Personal, um die ganzen Presseanfragen zu bewältigen, die seit Bekanntwerden des Steuerskandals hier eintreffen.

Rund ein Dutzend Liechtensteiner leben derzeit in Berlin, schätzt Katrin Bastian. Trotzdem ist der Zwergstaat mit seinen 35 000 Bürgern – das ist ein Siebtel der Einwohnerzahl Lichtenbergs – in der Stadt erstaunlich präsent. Da ist nicht nur die Filiale der Liechtensteiner LGT-Bank am Kurfürstendamm – ja, den Namen des Kreditinstituts kennt man aus der Zeitung. „Vor allem im kulturellen Bereich gibt es viel Austausch“, sagt Katrin Bastian. Da war zum Beispiel die Ausstellung „Ägyptens versunkene Schätze“ im Martin-Gropius-Bau vor zwei Jahren, finanziert durch Gelder einer Liechtensteiner Stiftung. Da ist der regelmäßige Kulturaustausch zwischen dem Fürstentum und Treptow, seit 1997 gibt es gemeinsame Ausstellungen. Auch ein Lehrstuhl an der Theologischen Fakultät an der Humboldt-Universität wird mit Geld aus Liechtenstein finanziert – natürlich ein katholischer, schließlich sind auch die Bewohner des Fürstentums zu 80 Prozent katholisch.

Und da ist das Künstlerhaus „La Fabrik“ in der Frankfurter Allee in Friedrichshain. Hier unterhält Liechtenstein ein Wohnatelier und ermöglicht es heimischen Malern, Schriftstellern und Theatermachern, drei bis sechs Monate an der Spree zu verbringen und Ideen für neue Arbeiten zu sammeln.

„Das ist ein Modellprojekt“, sagt Thomas Büchel von der Stabsstelle für Kulturfragen in Vaduz, der Hauptstadt des Fürstentums. „So etwas haben wir noch in keiner anderen Stadt probiert.“ Die Wahl fiel auf Berlin, „weil hier so viel passiert und es ein Leichtes ist, sich in dieser Stadt inspirieren zu lassen“. Fünf Künstler haben bisher in dem Atelier gearbeitet, sagt Büchel. „Und alle kamen mit dem gleichen Fazit nach Hause: Der Aufenthalt war viel zu kurz.“

Der bekannteste Liechtensteiner in Berlin ist der Botschafter selbst. Prinz Stefan von Liechtenstein, ein Verwandter des Staatsoberhaupts Fürst Hans-Adam II. Aber nur ein ganz entfernter. Der Botschafter ist die Tage oft im Fernsehen zu sehen, um zu erklären, dass das Fürstentum nicht Schuld ist am Steuerskandal. Klar gebe es Klischees über das Fürstentum, sagt Katrin Bastian. Die habe es aber auch schon vor der Affäre um den Post-Chef gegeben. Für viele Deutsche gelte das kleine Land als „Steuerparadies“. „Wir versuchen zu vermitteln, dass Liechtenstein nicht nur Finanzplatz ist.“

Am morgigen Mittwoch kommt Ministerpräsident Otmar Hasler nach Berlin und trifft sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. In zwei Wochen soll es dann eine Premiere geben: Das Fürstentum wird sich auf der Internationalen Tourismusbörse unterm Funkturm präsentieren, in Halle 17, Stand 104. Weil doch im Sommer Fußball-EM ist und Liechtenstein zwischen den Gastgebern Schweiz und Österreich liegt. Da könnten die deutschen Fans mal einen Tagesausflug machen, an einem der Seen spazieren gehen oder auf den Grauspitz klettern, den höchsten Berg des Landes. Beim Turnier selbst sind die Liechtensteiner nicht dabei, in der Qualifikationgruppe sind sie Letzter geworden. Immerhin haben sie Island geschlagen. 4:1. Sebastian Leber

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false