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Berlin: Ein Pakt gegen den Filz

Die Grünen wollen Berlin zur Modellstadt gegen Korruption machen. Der Senat strebt Ehren-Kodex für landeseigene Betriebe an

Der Korruptionssumpf blüht in Ländern wie Kolumbien, Pakistan, Chile und Ekuador, aber auch im Land Berlin. Deshalb hat Verbraucherschutzministerin Renate Künast, Ex-Berliner Grünen-Politikerin, vorgeschlagen, bei Großprojekten die Anti-Korruptions-Organisation „Transparency International“ (TI) hinzuzuziehen. Zur ersten Nagelprobe sollte der anstehende Flughafenausbau in Schönefeld werden, sagt der Berliner Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Mit Hilfe von TI könnte Berlin eine „Antikorruptionsmodellstadt“ werden.

TI-Geschäftsführerin Dagmar Schröder würde die Berliner mit offenen Armen empfangen. Der Landesregierung könne zwar keine „korporative Mitgliedschaft“ angeboten werden – das geht nur bei Kommunen und Unternehmen – eignen würde sich aber der „Integrity Pact“ (IP). Dabei verpflichten sich öffentliche Auftraggeber und die an einer Ausschreibung beteiligten Unternehmen gegenseitig, Geschenke und Schmiergeldzahlungen zu unterlassen und alle wichtigen Informationen offen zu legen. Bei Zuwiderhandlung sind Sanktionen vorgesehen. Zwar gebe es in Deutschland bisher noch kein angewandtes Beispiel für einen Integrity Pact, aber man stehe mit verschiedenen Organisationen in Verhandlungen, sagt der IP-Beauftragte Michael Wiehen. Eine durch den Kölner Müllskandal geschädigte Kommune strebe einen solchen Pakt an, die Olympiabewerbungsgesellschaft Leipzig sei im Gespräch, aber auch ein „Großauftraggeber“ im Berliner Raum. Die rot-rote Koalition sieht Künasts Initiative eher skeptisch. SPD-Fraktionschef Michael Müller hält eine Kooperation mit Transparency für überflüssig. Auch der rechtspolitische Sprecher der PDS, Klaus Lederer, sieht nur in Einzelfällen eine Zusammenarbeit als sinnvoll an. Die Opposition kann sich für den Künast-Vorschlag schon eher erwärmen. Alexander Kaczmarzek von der CDU findet alles gut, was mehr Offenheit in die Geschäfte des Senats und landeseigener Betriebe bringt.

Einhelliger sind die Meinungen beim Thema „Corporate Governance Codex“, der etwas schwächeren Variante des Integrity Pacts. Den Codex, eine ethische Selbstverpflichtung für börsennotierte Unternehmen, möchte die Koalition gerne ihren landeseigenen Unternehmen wie BVG, BSR und dem Krankenhauskonzern Vivantes verordnen. Kernpunkte sind die Veröffentlichung von Vorstandsgehältern, eine Schadensersatzregelung bei schuldhaftem Missmanagement, die Offenlegung von Spenden und Sponsoring und eine Karenzzeit für Beamte oder Ex-Senatoren, wenn sie einen Vorstandsposten in einem landeseigenen Unternehmen anstreben. PDS-Rechtspolitiker Klaus Lederer will einige Punkte wie die Gehälter-Offenlegung in Landesgesetze einbauen, damit sie auch wirklich verbindlich sind. Volker Ratzmann wünscht sich zudem einen Antikorruptionsbeaufragten, eine „schwarze Liste“ von Unternehmern, die jemals durch Korruption aufgefallen sind und einen parlamentarischen Vertreter in allen Aufsichtsräten. Eine Stellungnahme von den „Betroffenen“ gibt es bisher nur vom neuen BSR-Chef Gerhard Gamperl. Er hätte nichts dagegen, beispielsweise sein Gehalt offen zu legen, verlautet aus seinem Haus. Allerdings nur, „wenn es ein abgestimmtes Verhalten aller Vorstandschefs und des Senats gibt“. Sein Jahresgehalt soll übrigens bei etwa 280 000 Euro liegen.

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