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Berlin: Ein selbst ernannter Geistheiler wurde zu 15 Monaten auf Bewährung verurteilt - die Staatsanwaltschaft nennt ihn einen "eindeutigen Scharlatan"

Seine wundersamen Hände lässt der Angeklagte an diesem Morgen ruhig im Schoß liegen. Vielleicht will er die Richter nicht reizen, vielleicht hat ihn der Glaube an ihre Wirkung verlassen.

Seine wundersamen Hände lässt der Angeklagte an diesem Morgen ruhig im Schoß liegen. Vielleicht will er die Richter nicht reizen, vielleicht hat ihn der Glaube an ihre Wirkung verlassen. Denn auch sonst scheint der "Geistheiler" mit dem Schicksal zu hadern. "Ich vegetiere jetzt von der Sozialhilfe", sagt Bernhard Eichholtz düster auf dem Flur des Tiergartener Amtsgerichts.

Dabei galt der Angeklagte einst in einschlägigen Kreisen als bekannter Mann - er moderierte eine eigene Sendung im Offenen Kanal und ließ sich von einem Privatsender zum nächsten reichen. "Teufel oder Wunderheiler?" titelte eine Boulevardzeitung, als sich Eichholtz 1994 sonntags mit seinen Anhängern regelmäßig zum "Gruppenheil-Experiment" vor der Gedächtniskirche einfand. "Hebt eure Hände meinen entgegen und empfangt dadurch meine Kräfte", soll Eichholtz auf dem Breitscheidplatz gerufen haben. Allein im Dienste der Menschlichkeit war der 56-Jährige allerdings nicht unterwegs.

Nach den Worten des Staatsanwalts soll Eichholtz von seinen Patienten rund 80 000 Mark für seine Dienste erhalten haben - ohne dass der "Geistheiler" jemals eine Prüfung zum Arzt oder Heilpraktiker bestanden hatte. Und vielleicht deshalb gestalteten sich die therapeutischen Eingriffe des Schönebergers immer ähnlich. "Er legte mir die Hände auf den Kopf und fragte: Spüren Sie etwas?" berichtete beispielsweise die 57-jährige Regina D., die Eichholtz "im Fernsehen gesehen" und sich mit einem schweren Augenleiden an ihn gewandt hatte. 650 Mark habe der selbst ernannte Heiler anschließend verlangt, bewirkt habe sein Einsatz allerdings nichts.

Doch der Staatsanwalt nimmt dem "eindeutigen Scharlatan" noch etwas ganz anderes übel: Während der Mann sich von seinen Patienten finanzieren ließ, sprach er regelmäßig beim Sozialamt vor und versicherte, über keinerlei Einkünfte zu verfügen. Um rund 13 000 Mark hat er laut Anklage auf diese Weise das Land Berlin geprellt. "Ja, das trifft zu", sagt Eichholtz, der schon als Kind magische Kräfte gespürt haben will, als es ihm gelungen sei, eine Ziege zu kurieren. Ob der Mann tatsächlich Kranken half, bleibt für das Gericht ohne Belang: Es verurteilt den Angeklagten zu 15 Monaten Haft mit Bewährung.

Am Morgen leisten Eichholtz noch ein arbeitsloser Heilpraktiker und eine eine Fernseh-Regisseurin a. D. auf der Anklagebank Gesellschaft. Der Staatsanwalt wirft den beiden Beihilfe vor, weil sie Eichholtz in seinem Treiben unterstützt haben sollen. Der Heilpraktiker überließ dem "Wunderheiler" ein Zimmer seiner Praxis, die Regisseurin arbeitete stundenweise für Eichholtz. Zwei Stunden später dürfen die beiden ehemaligen Helfer gehen - auch, wenn sie nun um 1000 beziehungsweise 750 Mark ärmer sind. Ihre Verfahren wurden eingestellt.

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