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Berlin: Ein sicherer Job oder lieber mehr Geld?

Nach dem Scheitern des Solidarpakts ist die Position von Verdi in den Ämtern umstritten

Über dem Pförtner hängt ein großes Schild „Auskunft“ – doch auf die gescheiterten Solidarpakt-Verhandlungen angesprochen zischt er: „Keine Auskunft“. Der aggressive Tonfall sagt mehr als Worte. Auch drumherum in der Eingangshalle des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg ist die Stimmung geladen. Eine Frau aus der Buchhaltung spricht sich gegen die harte Haltung von Verdi aus. Sie hätte lieber einen Kompromiss gesehen. „Besser verzichten alle auf etwas Geld, als dass es nachher Einzelne richtig trifft und sie gekündigt werden“, sagt sie – und erhält Zustimmung, aber auch Widerworte: „Wer will schon auf das wenige Geld verzichten, das man bekommt“, rufen zwei Kolleginnen. Dass die Gewerkschaften nicht auf den Senat eingehen, finden sie richtig.

Vor dem Fahrstuhl drängeln sich Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes. „Die Stimmung im Rathaus wird jeden Tag schlechter“, sagt einer aus der Menge. Sein Nachbar redet von Resignation. Er verspricht sich nicht einmal von der Personalversammlung des Bezirks Anfang November im Tempodrom viel.

Dagegen hat ein Beamter des Sozialamts die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Aber zuerst schüttelt auch er nur den Kopf: „42-Stunden-Woche für Beamte – also Mehrarbeit bei über vier Millionen Arbeitslosen.“ Persönlich wäre er zu einer 35-Stunden-Woche mit Lohnverzicht bereit, zumal die Verwaltung dringend neue Leute brauche. Mit knapp 40 Jahren sei er der Jüngste in seiner Gruppe. „Da werden Azubis drei Jahre lang von uns ausgebildet, und dann landen sie vor statt hinterm Schreibtisch.“

Seine Kollegin aus dem Sozialamt kritisiert, dass sie seit Jahren bei der Verwaltungsreform nicht mit einbezogen werden. „Wir sollen selbstständig arbeiten, kreativ sein, aber kommt es hart auf hart, werden von oben die Entscheidungen vorgegeben.“ Den Pförtner im Rathaus Mitte geht das nichts mehr an: „Ich gehe in Rente.“ Auch ein junger Mann, mit dem Austausch von Computern beschäftigt, sieht’s gelassen. „Von Kündigungen wird dauernd geredet. Wären sie einfach umzusetzen, hätte man es schon vor Jahren getan.“ Dagegen hofft eine 40-jährige Angestellte, „dass ich hier lange genug beschäftigt bin“, um nicht gekündigt zu werden.

Christoph Villinger

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