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Der kanadische Schauspieler Ryan Gosling in einer Szene des Films "Drive".

© dpa

Ein Spiel namens "Alle erschießen": Muss man Brutalität im Kino und im Internet ertragen?

Frauenschwarm Ryan Gosling tritt auf der Leinwand einen Kopf zu Brei. Kinder schießen in Computerspielen Behinderten die Beine ab und ballern, bis das Blut spritzt. Wie viel Brutalität muss der Mensch ertragen?

Es ist ein von der Filmkritik hochgelobter Streifen mit Ryan Gosling, dem Frauenschwarm. Nicolas Winding Refn wurde bei den Filmfestspielen in Cannes dafür als bester Regisseur ausgezeichnet. Der Film „Drive“ verspricht beste Thrilleraction mit einem Auto-Stuntman. Zu erleben war im Sony-Center zunächst tiefsinnige Beziehungsdramatik, beredte Blicke, flirrende Spannung. In der zweiten Hälfte musste ich mir ständig Augen und Ohren zuhalten. Da tritt der Hauptprotagonist einen Kopf zu Brei (es kamen in den Sinn: Kopftritte in der U-Bahn), er schlägt einem Gegner eine Spitzhacke in den Magen. Eine Gabel wird in ein Auge gerammt, ein Psychopath schneidet dem anderen die Kehle durch. Das Blut plätschert so laut wie die Musik. Ein Frauenkopf wird weggeschossen, bis das Gehirn spritzt. Der Abend ist gelaufen.

Bin ich ein Weichei? Soll man in einem solchen Fall an der Kasse protestieren und sein Geld zurückverlangen? Anzeige erstatten wegen Gewaltverherrlichung? An Jugendschutzgremien kann man sich jedenfalls nicht wenden, der Film ist von der Freiwilligen Selbstkontrolle empfohlen für Zuschauer ab 18 Jahren. Hochgestuft werden von 16 auf 18 wie der Film „Tal der Wölfe“ kann er also nicht. Die Kunst ist frei, es gibt glücklicherweise keine Zensur. Und offenbar auch keine Bürgerinitiative gegen ästhetisierte Gewalt im Kino.

Solche Gewaltexzesse kann jedes Berliner Kind legal, gratis und ohne Anmeldung im Internet ausüben. Auf http://de.y8.com gibt es 2936 sofort ladbare „Spiele“ in der Kategorie „Alle erschießen“ und 448 unter „Blut“. Bei „Whack Your Boss“ kann man den Verhassten erschlagen oder seinen Kopf in eine Aktentasche zwängen und darauftreten, die gezeichnete Blutlache breitet sich aus. Auf „totaljerkface.com“ spielen Kinder „Happy Wheels“ im Comicstil. Da schlägt man stöhnenden Behinderten im Rollstuhl die Beine ab oder zermalmt sie, das Blut spritzt, der Knochenstumpf schaut aus dem Fleisch heraus. Kinder lassen auch Schwarze auf dem Traktor oder Vater und Sohn auf dem Rad hilflos gegen Wände schmettern und durchbohren. Noch der amputierte Torso wird bis zum Tode jammernd über den Bildschirm geschleift. Abschalten, einschalten.

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