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Berlin: Ein Tag mit Jesus

Freie Kirchengruppen erwarten heute 50000 Menschen zum Friedensgebet am Brandenburger Tor

Es werden Marienanbeter dabei sein, Abtreibungsgegner und womöglich auch Dämonenaustreiber. „Wir betreiben keine Zensur“, sagt Pfarrer Axel Nehlsen, der den „Jesus-Tag“ mitorganisiert. Bis zu 50000 Menschen werden heute am Brandenburger Tor (siehe auch Umleitung Seite 12) erwartet. Am 11. September, dem Tag der Terroranschläge in New York vor drei Jahren, wollen sie mit Gottesdiensten und Gebeten „ein Zeichen für Frieden und Verständigung“ setzen.

Jesus-Tage gibt es überall auf der Welt. Sie gehen auf den „Marsch für Jesus“ zurück, der 1987 zum ersten Mal in London veranstaltet wurde. Aus der Evangelischen Kirche beteiligen sich viele freikirchliche Gruppen, aus der Katholischen besonders die „charismatischen Erneuerer“, das sind Gläubige, die den Zugang zu Gott vor allem spirituell erlangen möchten. Der Heilige Geist soll ihr Menschsein komplett ausfüllen und erneuern.

Vertreter der Amtskirche beäugten diese Bewegung skeptisch. Anfang der 90er, sagt Axel Nehlsen, gab es auch in Berlin heftige Kritik an den sektiererisch geprägten Jesus-Märschen. Daraufhin habe man sich zusammengesetzt und in einer „theologischen Verständigung“ radikale Gebetsrituale ausgeschlossen. Der Jesus- Marsch wurde in Jesus-Tag umbenannt und die radikalsten Gruppen blieben fortan fern.

Für Jesus-Tag-Organisator Nehlsen ist der Begriff Dämonenaustreibung nicht unbedingt überholt. Dämonen, verstanden in einem übertragenen Sinne als „Mächte des Bösen“, seien auch heute noch Bestandteil des christlichen Weltbildes. Man könnte sogar die Seelsorge als eine Form von Dämonenaustreibung verstehen. Gleichzeitig sagt Nehlsen, die „Dämonenaustreibung gehört nicht zu den Überzeugungen des Jesus-Tages“.

Landesbischof Wolfgang Huber und Georg Kardinal Sterzinsky haben den Jesus- Tag mit einem kurzen Grußwort bedacht und damit quasi theologisch freigesprochen. „Die christliche Einheit hält solche Vielfalt aus“, sagt Hubers Sprecherin Christina-Maria Bammel. Stefan Förner, Sterzinskys Pressebeauftragter, sieht im Jesus-Tag keine große Breitenwirkung auf die katholischen Gläubigen. „Das betrifft uns kaum. Die Beteiligung katholischer Gruppen ist sehr gering.“ Die Polemik der Jesus-Tag-Gegner, es würde dort zum „Kampfbeten“ aufgefordert, lehnt Förner ab.

Einen missionarischen Eifer legen die Jesus-Marschierer allerdings schon an den Tag. 50000 Jesus-Filme auf VHS sollen an die Haushalte verteilt werden. Der Heilige Geist via Bildschirm – vielleicht klappt’s ja.

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