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Berlin: Ein teurer Abgang: Strafen auf Bewährung

Ex-Chefs der Wohnungsgenossenschaft Pankow mauschelten bei Abfindungen. Jetzt wurden sie verurteilt – aber es geht noch weiter vor Gericht

Dem Vorstandschef ging es um einen versüßten Abgang, dem Aufsichtsratsvorsitzenden um die eigene Karriere. Davon ging gestern das Berliner Landgericht im Prozess um teure Mauscheleien zum Schaden der Ersten Wohnungsgenossenschaft Berlin-Pankow e.G. aus. Der ehemalige Vorstandschef Wolfgang B. habe bei seinem Ausscheiden eine Summe von 138411 Euro zu Unrecht kassiert, befanden die Richter. Gegen den 64-Jährigen erging eine Bewährungsstrafe von 14 Monaten, gegen den Ex-Aufsichtsratsvorsitzenden Holger S. die Strafe von einem Jahr Haft mit Bewährung.

In dem Verfahren war es zunächst um rund 500000 Euro gegangen. Die Summe wurde B. ausgezahlt, als er 2002 nach zwölf Jahren im Amt aus der Genossenschaft ausschied – als Übergangsgeld und Abfindung. In zwei der insgesamt fünf Anklagepunkte kam das Gericht jedoch zu der Auffassung, dass den Angeklagten keine „gravierenden Pflichtverletzungen“ nachgewiesen worden seien. Die Abfindungsbeträge seien im Vergleich zu ähnlichen Genossenschaften auch nicht unvertretbar hoch gewesen. Zwei weitere Anklagepunkte wurden eingestellt. Blieb eine kurz vor dem Ausscheiden von B. vertraglich festgeschriebene Änderung der Abfindungsregelung, durch die eine 18-monatige Wartefrist für die Zahlung des Übergangsgeldes aufgehoben wurde. Daraufhin hatte B. sich die Summe von rund 138000 Euro direkt zugeführt. Diese Vereinbarung sei „einseitig erheblich vergünstigend“ gewesen, hieß es im Urteil. Außerdem seien die Aufsichtsratsmitglieder bewusst über den Inhalt der Zusatzregelung im Unklaren gelassen worden. H. habe sich der Untreue schuldig gemacht, B. der Anstiftung. Ein dritter Angeklagter wurde wegen Beihilfe verurteilt. Der Mitarbeiter einer Rechtsanwaltskanzlei sei mit bewusst falschen Behauptungen vor dem Aufsichtsrat aufgetreten.

Die beiden Ex-Chefs hörten das Urteil nach knapp fünfmonatigem Prozess regungslos. Wolfgang B. hatte sich zu den Vorwürfen nicht geäußert. Der 34-jährige Kaufmann S. will auf Bitten des damaligen Vorstandschefs gehandelt und die finanzielle Tragweite nicht erkannt haben. Doch beide hätten sich des eigenen Vorteils willen für die Mauschelei entschieden, befand das Gericht. „Holger S. witterte die Chance, den Platz von B. zu übernehmen, B. sann darauf, mit möglichst günstigen Konditionen auszuscheiden“, hieß es im Urteil. Ob B. das aus Sicht des Landgerichts zu Unrecht kassierte Geld an die etwa 3500 Wohnungen umfassende Genossenschaft zurückzahlen muss, ist noch unklar. Vor dem Zivilgericht verlor die Wohnungsgenossenschaft Pankow in der ersten Instanz, hat aber Berufung eingelegt.

Kerstin Gehrke

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