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Berlin: „Ein wahrer Mann für eine schwere Zeit“

Gedenken zum 50. Todestag von Ernst Reuter: Die Reden von Klaus Wowereit, Edzard Reuter und Richard von Weizsäcker

Mit mehreren Veranstaltungen wurde am Montag an den 50. Todestag des früheren Berliner Oberbürgermeisters und Regierenden Bürgermeisters Ernst Reuter erinnert. Am Vormittag legten Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit an Reuters Ehrengrab in Zehlendorf einen Kranz nieder.Daran e nahm auch der Sohn des SPDPolitikers, Edzard Reuter, teil. Bei einer Gedenkveranstaltung am Nachmittag im Roten Rathaus umrissen dann Klaus Wowereit, Edzard Reuter und Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker Leistung und Charakter Reuters.

Als erster Redner würdigte der Regierende Bürgermeister Reuter als Kämpfer für Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung. Er hob hervor, dass bei seinem Tode nochmals „die ganze Stadt zusammenkam, obwohl sie geteilt war“. Es sei das letzte Mal gewesen, bis zur Wiedervereinigung 1989/90. Dieses Jahr 1953 , sagte Wowereit, war „eine Zeit der Ungewissheit und der Furcht. Aber es war auch eine Zeit der Hoffnung. Und diese Hoffnungen verbanden sich mit Ernst Reuter“. Bundespräsident Theodor Heuss habe damals den Menschen Ernst Reuter mit den Worten gehuldigt: „Er wusste darum, dass Mut für tapfere Seelen eine ansteckende Kraft besitzt. Er wusste aber auch, dass Schwachheit und Not der Liebe bedarf.‘

Das treffe, so Wowereit, auch auf den Politiker Ernst Reuter zu. „Eben hier – in der Einheit von Mensch und Politiker - liegt das Geheimnis von Ernst Reuters Charisma: Er hat anderen seine Ideale vorgelebt. Er stand für ein besseres Deutschland als das der Nationalsozialisten. Er wurde wegen seiner Überzeugungen von den Nazis verfolgt, wurde gedemütigt, geschlagen und ins KZ gesperrt. Er stand aber auch für ein besseres Deutschland als jenes, das die SED für sich in Anspruch nahm.“

Edzard Reuter erinnerte daran, dass sein Vater bis zum Ende seines Lebens „Demokrat und Sozialist“ gewesen sei. Er stellte seine Ansprache in das Zeichen seiner eigenen Verbundenheit mit Berlin und dessen Rolle als deutscher Hauptstadt. Eine „der Wurzeln“ der „in sich ruhenden Zuversicht“ seines Vaters, sagte Reuter, sei die Überzeugung von der Notwendigkeit gewesen, dass Berlin wieder deutsche Hauptstadt werden müsse. Sein Kampf „ermutige uns“, Berlin zu einer „wahren Hauptstadt“ zu machen, „die nicht nur higenommen, sondern von den Deutschen gewollt wird“. In diesem Sinne könne man sich auf Reuter berufen, der uns daran erinnere, dass „ entschlossener Mut Berge versetzen kann“.

Richard von Weizsäcker rief die Feier von Reuters 1oo.Geburtstag 1989 ins Gedächtnis, die nur drei Monate vor dem Fall der Mauer und der Vereinigung Deutschlands und Europas stattgefunden habe - der Vereinigung, „die wir ohne seine Kraft so nicht erreicht hätten“. Reuter verbindet sich für den früheren Bundespräsidenten mit der „Wahrheit unserer Geschichte, der sich Ernst Reuter so viel offener, unbedingter, schonungsloser stellte als die allermeisten seiner Zeitgenossen, die diese Geschichte nicht verstehen wollen“. Die Erinnerung an Reuter helfe uns, die heutigen Aufgaben der Vereinigung nach zwei Generationen unterschiedlicher Erfahrungen in wechselseitiger Achtung und ohne Überheblichkeit zu meistern. „Wir sind erst vereint“, so Weizsäcker, „wenn wir uns in unserer gemeinsamen Geschichte vereinen lernen“. Reuters „Erfahrungen, seine Zeit ist unsere Wurzel“, auch wenn sie oft verdrängt werde.

In seiner Rede ging Weizsäcker auch auf die Stationen von Reuters Leben ein. Die Luftbrücke sei möglich geworden „durch das Vertrauen auf Reuter“. Ihm sei auch ein massgeblicher Einfluss auf die Entscheidungen zugefallen, die zur Gründung der Bundesrepublik führten. Immer sei sein Blick auch auf das ganze Europa gerichtet gewesen: „Nicht die Grenze suchte er, sondern die Mitte“. Nie habe er für den Westen gegen den Osten gekämpft, sondern für die Freiheit. Dafür die Kraft und den Willen zu mobilisieren, war sein Werk und sein Ziel. Eine schwere Zeit, so Weizsäckers Fazit, habe in ihm „ihren wahren Mann“ gefunden. Deshalb gehe, was er gedacht und getan hat, „uns alle an, bis auf den heutigen Tag“. Seine Fortwirkung sei es, „was uns in der Erinnerung an ihn nicht teilt, sondern in unserer Geschichte in Ost und West vereint“. Tsp.

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