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Berlin: Einer gegen alle

Senator Körting will Beschäftigte aus dem Tarifvertrag locken

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sucht nach Mechanismen, die Sparvorgaben auch ohne eine Einigung mit den Gewerkschaften zu erreichen. Dafür hat er sich etwas Neues ausgedacht: Man könnte doch versuchen, die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst in Einzelgesprächen dazu zu bewegen, vier Jahre lang auf Gehaltserhöhungen zu verzichten, dafür weniger zu arbeiten, und vor allem: mit einem neuen Vertrag. Darin soll dem einzelnen Beschäftigten schriftlich zugesichert werden, dass ihm nicht betriebsbedingt gekündigt werden kann. In der Konsequenz hieße das, die Beschäftigten aus dem Tarifgefüge des Öffentlichen Dienstes herauszulösen. Im Prinzip wird damit darauf gesetzt, dass die eigene Jobsicherheit vielen wichtiger sein wird als die Solidarität mit der Tarifgemeinschaft.

Inhaltlich ist die Idee nicht neu. Eine Verkürzung der Arbeitszeit bei geringerem Gehalt ist in mehreren Varianten schon seit 1994 im Angebot. In dieser Zeit ist die Quote derer, die in Teilzeit statt Vollzeit arbeiten, von 12,8 Prozent auf 17,1 Prozent der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes gestiegen. Das teilte die Finanzverwaltung mit. 7248 Beschäftigte haben von 1997 bis März 2002 von dem Angebot Gebrauch gemacht, auf Weihnachtsgeld zu verzichten und dafür vier Wochen länger Urlaub zu haben. Doch während diese Angebote der Solidarität eher dienten, könnte die neue Spielart mit einer Änderung individueller Verträge die Gewerkschaften schwächen – jedenfalls bei sehr großer Nachfrage.

Die Überlegungen sollen nach Angaben der Innenverwaltung in der kommenden Woche konkreter werden. Davon verspricht sich Körting nach Angaben seines Sprechers Peter Fleischmann Erleichterungen beim dringend erforderlichen Personalabbau. 12 000 Beschäftigte seien in Berlin zuviel und müssten abgebaut werden. „Wenn man durch Einigungen mit einzelnen Beschäftigten diese Zahl reduzieren könnte, wäre das eine Hilfe“, sagte Fleischmann. Parallel schieden auch Mitarbeiter altersbedingt aus; das bringe weiteren Spielraum.

Berlins Verdi-Chefin Susanne Stumpenhusen zeigte sich unzufrieden mit dem Vorschlag. „Die Beschäftigungsbedingungen für öffentlich Bedienstete dürfen nicht von der Haushaltslage abhängen“, sagte sie. Sie machte den Senat für das „versaute Klima“ verantwortlich. „Die blicken starr auf ihr Ziel von 500 Millionen Euro und sagen immer nur: Es reicht nicht. Nichts von dem, was wir angeboten haben, war gut genug.“ Sie verstehe nicht, wieso Juristen nicht begriffen, dass man in einem bundesweit gültigen Tarifgefüge nicht einfach etwas ändern könne. Genau das scheint Körting aber doch begriffen zu haben – daher die Idee mit den Einzelverträgen.

Fatina Keilani

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