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Berlin: Einigung statt Entgleisung

Die S-Bahn fährt weiter: Nach jahrelangem Streit unterschreibt der Senat einen neuen Vertrag

Manchmal scheinen Drohgebärden doch zu helfen. Nach der Ankündigung von Bahnchef Hartmut Mehdorn, den S-Bahn-Verkehr zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember einzustellen, haben sich Mehdorn und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gestern „in wesentlichen Punkten“ auf einen neuen Verkehrsvertrag geeinigt. Obwohl das Land zunächst insgesamt 48 Millionen Euro im Jahr weniger zahlen wird, als die S-Bahn gefordert hatte, werde es keine Leistungseinschränkungen geben, versicherte Mehdorn. Gleichzeitig einigten sich Bahn und Senat, wie in Zukunft die Einnahmen aus Fahrscheinverkäufen zwischen der BVG und der S-Bahn aufgeteilt werden sollen. Damit ist ein jahrelanger Streit beendet.

Der neue Vertrag mit der S-Bahn gilt 15 Jahre lang rückwirkend ab 1. Januar 2003. Der alte Vertrag war Ende 2001 ausgelaufen. Seither stritten sich beide Seiten um die Höhe der Zuschüsse. 2010 kann die Nord-Süd-Verbindung durch den Tunnel unter dem Stadtzentrum ausgeschrieben werden. Ein neuer Betreiber würde den Betrieb dann nach Wowereits Angaben Ende 2013 aufnehmen können. Die lange Laufzeit des Vertrages hatte die S-Bahn gefordert, um Investitionssicherheit zu erhalten. Jetzt kann sie unter anderem ihre Bahnhöfe technisch so umrüsten, dass dort die Zugabfertiger andere Aufgaben übernehmen können.

Die S-Bahn müsse nun erheblich rationalisieren, um die vom Senat durchgesetzten Einsparungen zu kompensieren, sagte Mehdorn. Für die Betriebsleistung erhält die S-Bahn in Zukunft jährlich 26 Millionen Euro weniger als gefordert. Ferner will der Senat weitere 22 Millionen Euro für den so genannten Trassenpreis nicht zahlen, weil er die Forderung für zu hoch hält. Dieses Geld muss die S-Bahn für die Nutzung der Gleise und Bahnhöfe an den Bereich Netz der Bahn AG weiterleiten. Notfalls werde man es hier auf eine gerichtliche Klärung ankommen lassen, sagte Wowereit. Diesen Punkt hat man im neuen Verkehrsvertrag ausgeklammert.

Die S-Bahn erhält damit zumindest zunächst wie bisher 234 Millionen Euro im Jahr vom Senat. Das Geld kommt vom Bund und ist für den Nahverkehr zweckbestimmt. 48 Millionen Euro mehr pro Jahr gibt’s dafür. Auf dieses Geld hatte die S-Bahn gehofft. Im Vorfeld hatte sie argumentiert, solche Einsparungen seien nur mit Streckenstilllegungen möglich. Davon war bei Mehdorn gestern keine Rede mehr. Er hofft weiter, dass der Senat doch die 22 Millionen Euro für die Trassenpreise zahlen muss. Seit Juni hält Finanzsenator Thilo Sarrazin einen Teil des Zuschusses bereits zurück. Dagegen klagt die S-Bahn.

Sparen können BVG und S-Bahn in Zukunft durch die Einigung bei der Aufteilung der Fahrscheineinnahmen. Bisher behielt jeder Verkehrsbetrieb das Geld, das er selbst einnahm; einen Ausgleich gab es nicht. Dies führte zu einem bizarren Wettbewerb um Kunden, der darin gipfelte, dass die BVG mobiles Verkaufspersonal neben S-Bahn-Schaltern postierte, um Kunden abzujagen. Die S-Bahn wiederum ließ mehrere Werbeaktionen der BVG um Stammkunden gerichtlich stoppen. Ein gemeinsamer Verkauf könnte, so BVG-Chef Andreas Graf von Arnim, 20 bis 30 Millionen Euro im Jahr sparen – weit mehr, als durch die nächste Tariferhöhung in die Kassen kommen soll.

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