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Berlin: Einmaleins für Bühnenstars

Nichts für Castingklone: Im Popcamp erhalten Musiker wie „SoWeiss“ einen Schub für ihre Karriere

Susanne Folk kündigt sie freudig an, bevor sie überhaupt zu sehen sind: „Sonnenstrahlen“, sagt die „SoWeiss“-Musikerin. Ihr Bandkollege Roland Fidezius öffnet die Tür zum Proberaum – und tatsächlich muss sich das Auge erst an das gleißende Licht an diesem Novembernachmittag gewöhnen. Inmitten dieser Lichtflut proben „SoWeiss“. Licht und Atmosphäre sind zwei wichtige Komponenten bei den Auftritten der Jazzband. „Wir machen die Bühne zu einem romantischen Ort“, sagt Kriistina Tuomi, die das Jazz-Trio komplettiert. „SoWeiss“ ist eine von fünf Bands, die im Popcamp an der Landesmusikakademie in der Wuhlheide etwas für ihre Karriere lernten.

Was sich ein wenig wie „Popstars“ oder „Deutschland sucht den Superstar“ anhört, ist eigentlich eine ernste Sache. „Die Bands müssen relativ weit und gereift sein“, sagt Projektleiter Michael Teilkemeier vom Deutschen Musikrat, der Dachorganisation von hundert Musik-Fachorganisationen. Die fünf Gruppen im einwöchigen Popcamp sind daher auch keine Castingklone, sondern wurden von Verbänden und Medien vorgeschlagen oder haben sich bei Wettbewerben durchgesetzt. Alle haben schon Erfahrungen im Musikgeschaft gesammelt; „SoWeiss“ gibt es schon seit fünf Jahren, die Bandmitglieder sind alle Anfang 30. Auch die Dozenten kommen aus der Praxis, allerdings gehören sie wie Jojo Tillmann zu den Größen der Branche. Der Bühnendesigner ist extra von einer Tournee der Band „Juli“ nach Berlin gereist, um den Musikern beizubringen, wie eine professionelle Lichtshow auszusehen hat. Es reicht nicht, einfach nur einen Scheinwerfer hinzustellen: „Licht machen, bedeutet auch, Dunkelheit für sich einzusetzen“, sagt er. Da trifft es sich, dass „SoWeiss“ trotz fünfjähriger Erfahrung vor allem an ihrer Bühnenpräsenz arbeiten wollen. „Wir haben über die Jahre gesehen, dass das eine große Rolle spielt“, sagt Bandmitglied Susanne. Um sich weiterzuentwickeln, haben sie sich die Choreografin Bettina Habekost als Dozentin gewünscht, die 2006 die Bühnenshow von Xavier Naidoo choreografierte. Und tatsächlich: Der Musikrat hat die Künstlerin nach Berlin geholt.

Mittlerweile 15 Bands wurden im Popcamp auf das Profigeschäft vorbereitet, allein fünf kamen in den drei Jahren des Bestehens aus Berlin. „Cyminology“, Absolventen 2005, tourten hinterher durch die USA, wurden bei 3sat und RBB porträtiert. Ähnlichen Erfolg wünschen sich natürlich auch die diesjährigen Teilnehmer und legen sich beim Abschlusskonzert mächtig ins Zeug. Jede Band bekommt eine DVD mit Ausschnitten von ihrem Auftritt, um sich damit künftig bei Veranstaltern und Agenturen zu bewerben. „SoWeiss“ mit ihrer Kaminfeuermusik eröffnen den Abend. Roland steht in der Mitte der Bühne an seinem Kontrabass, flankiert von den beiden Frauen. Alle drei sind ganz in Weiß gekleidet. Das ist nicht immer so bei Auftritten. Dies ist ein Vorschlag von Choreografin Habekost. „Das sind so Kleinigkeiten, die wir gelernt haben. Wann man den Blick heben muss oder eine bestimmte Bewegung macht“, sagt sie hinterher.

„SoWeiss“ treten sonst in kleineren Clubs auf. „Hier müssen wir mit einer ganz anderen Bühne arbeiten“, sagt Kriistina. Bange war dem Trio deshalb nicht. Sie haben an der Universität der Künste gelernt und geben sich dementsprechend selbstbewusst: „Wir haben den Anspruch an unser Können, dass wir ein Kulturpublikum ansprechen, andererseits aber auch die Stimmung so rüberbringen, dass sie ein breites Publikum begeistert“, sagt Kriistina. Den Spagat werden sie wieder am 19. Dezember im A-Trane in Charlottenburg versuchen.

Matthias Jekosch

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