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Berlin: Eklat um Sibel Kekilli in Berlin

Wie türkische Blätter über eine Diskussion gegen Gewalt berichteten

Ein Bericht am Sonnabend auf der Titelseite der „Hürriyet“ hörte sich vielversprechend an: „Die europäische Hürriyet hat ein Tabu gebrochen“, lautete die Überschrift dazu. „Deutsche Politiker sind voll des Lobes für die europaweit geführte Kampagne der Hürriyet gegen häusliche Gewalt“, hieß es in den Unterzeilen. Anlass war eine Podiumsveranstaltung der Zeitung zu dieser Kampagne. Sie fand am Donnerstagabend im Festsaal des Abgeordnetenhauses statt. Rund 300 überwiegend türkischstämmige Gäste sowie die Integrationsbeauftragte des Bundes, Maria Böhmer (CDU), der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD), mehrere türkischstämmige Abgeordnete und die Anwältin Seyran Ates nahmen daran teil.

Seit mehr als einem Jahr organisiert die „Hürriyet“ in Deutschland diese Kampagne. Der Auftakt dazu fand im Mai 2005 im Frankfurter Römer statt. Und tatsächlich erntete die Zeitung auch in Berlin viel Zustimmung für ihr Engagement. Maria Böhmer und Walter Momper (SPD) etwa lobten sie in ihren Reden. Doch das war nicht alles. Wer die „Hürriyet“ las, erfuhr nur die Hälfte der Geschichte.

Die liberale „Milliyet“ schrieb zum Beispiel: „Die Sibel-Kekilli-Krise in Berlin.“ Die junge Schauspielerin, bekannt durch ihre Rolle in dem Berlinale-Gewinnerfilm „Gegen die Wand“, hielt eine Rede und löste damit einen Eklat aus. „Ich habe selbst erlebt, dass körperliche und seelische Gewalt in einer muslimischen Familie als normal angesehen wird. Leider gehört Gewalt im Islam zum Kulturgut“, sagte sie und erregte damit die Gemüter vieler Zuschauer.

Es gab Buhrufe und Applaus. Ein Zuschauer stand mitten in der Rede auf und empörte sich: „Islam hat nichts mit Gewalt zu tun. Du erniedrigst unser Volk!“ Zuvor hatte schon der türkische Generalkonsul, Ahmet Nazif Alpman, mit verärgerter Miene den Saal verlassen.

In dem „Milliyet“-Bericht ging es nur um diesen Eklat. „Ich konnte angesichts der Worte von Frau Kekilli nicht tatenlos bleiben. (…) Dass sie solch ein Bild von türkisch-muslimischen Familien entwirft, ist ziemlich einseitig“, sagte Generalkonsul Alpman. Er könne unmöglich Reden, die nicht zum Frieden und zur Harmonie in der Gesellschaft beitragen, gutheißen.

Die Situation beruhigte sich schließlich am Abend, als Seyran Ates sprach. „Genau diese Form der Auseinandersetzung ist es, warum wir nicht vorankommen.“

Suzan Gülfirat

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