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Berlin: Elifs zweites Erdbeben

Jeden Montag im Tagesspiegel: ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen. Das Schicksal der Halbwaisin Elif beschäftigte die türkischen Zeitungen.

Jeden Montag im Tagesspiegel: ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen.

Das Schicksal der Halbwaisin Elif beschäftigte die türkischen Zeitungen. Wie zuerst im Tagesspiegel berichtet, sollte das achtjährige Mädchen, die seit dem verheerenden Erdbeben 1999 in Düzce bei der Schwester ihrer verstorbenen Mutter in Berlin lebt, in die Türkei abgeschoben werden. „Sie überlebt ein zweites Erdbeben nicht. Bringt das türkische Mädchen Elif nicht um“, hieß es dazu am Donnerstag auf der Titelseite der Hürriyet. Die Tageszeitung zeigte dazu eine Aufnahme des Mädchens an der Seite des Onkels und der Cousine. „Bei ihrem Onkel Ilya Yontar, ihrer Tante Esma und der Cousine Betül hat sie wieder das Lachen gelernt. Jetzt stehen ihr schwere Tage bevor“, hieß es unter dem Bild. Die Geschichte auf der Titelseite ging im Inneren der Zeitung weiter: „Erdbeben-Kind Elif soll ausgewiesen werden“, hieß es da.

Die Tageszeitung Milliyet berichtete am Freitag über das „große Drama der kleinen Elif“, die bei dem Erdbeben ihre Mutter verlor. „Nachdem sie gerettet wurde, hat sie bei ihrem Onkel und bei ihrer Tante Schutz gesucht. Aber auch hier hat ihr Leiden kein Ende gefunden. Nun will die Ausländerpolizei (so nennen viele Ausländer die Behörde) die vom Unglück verfolgte achtjährige Elif ausweisen.“ „Das Erdbeben hat mir meine Mutter genommen, die Deutschen wollen mir nun meine Zukunft nehmen“, wurde sie von der Zeitung zitiert. Dabei brauchte sich die Zeitung gar nicht so ins Zeug zu legen, um dem Mädchen helfen. Schon am Donnerstag stand fest, dass ihre Tante in die Türkei gereist ist, um sie zu adoptieren – und es stand auch schon fest, dass ihre Duldung verlängert wird. Die Hürriyet meldete dann am Sonnabend auf der Titelseite, dass das Mädchen nicht ausgewiesen wird.

Die Milliyet brachte die Geschichte von Elif am Freitag nur klein auf der Titelseite, weil an diesem Tag wegen des Flugzeugabsturzes kaum Platz für andere Geschichten war. „Die zerstörten Leben“, titelte die Zeitungen, dazu zeigte die Zeitung fast auf der ganzen Seite eine erschütternde Aufnahme der Nachrichtenagentur AP von der Absturzstelle des Flugzeugs der Turkish Airlines (THY) in Diyarbakir. Die Flugzeug-Katastrophe vom Donnerstag war am Freitag auf allen türkischen Titelseiten, während in den deutschen Zeitungen das Thema auf den „Weltspiegel-Seiten“ erschien. Im Innenteil der türkischen Zeitungen gab es zudem mindestens zwei Sonderseiten zu dem Unglück, bei dem knapp 70 Menschen starben. Bereits am Freitag zeigten die Zeitungen die Passagierliste und Bilder von den Toten, inklusive der vielen Einzelschicksale.

„Wir weinen alle“, titelte an diesem Tag die Tageszeitung Türkiye. Die THY habe drei Sonder-Flugzeuge nach Diyarbakir gestartet. In den zwei Fliegern aus Istanbul hätten 248 Angehörige, 39 THY-Mitarbeiter und 82 Journalisten gesessen. Zudem berichteten die türkischen Zeitungen über einen zweiten Flugzeugabsturz am Donnerstag, der in deutschen Zeitungen kaum erwähnt wurde. In der Nähe der südostanatolischen Stadt Malatya kollidierten an diesem Tag zwei Militärjets. Alle vier Piloten kamen ums Leben. Die türkischen Zeitungen berichteten über ihre „vier Märtyrer“ auf den Titelseiten.

Suzan Gülfirat

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