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Berlin: Ermittler kontern: Berlin mit Vorsatz geschadet

Warum die Staatsanwaltschaft Strieder, Sarrazin und Strauch für schuldig hält

Die Staatsanwaltschaft hat offenbar keine Zweifel mehr daran, dass Finanzsenator Thilo Sarrazin, der zurückgetretene Senator Peter Strieder und Wirtschaftsstaatssekretär Volkmar Strauch (alle SPD) mit ihrer Zustimmung zur Tempodrom-Rettungsaktion 2001 wissentlich und vorsätzlich dem Land Berlin geschadet haben – und somit wegen Untreue anzuklagen sind. Das geht aus der 51-seitigen Verfügung der Ermittler hervor. Darin vergleichen die Staatsanwälte das 1,74-Millionen-Euro-Sponsoring der landeseigenen Investitionsbank im Oktober 2002 mit dem Handeln eines Glücksspielers, der sein Geld aufs Spiel setzt, obwohl er weiß, dass er höchstwahrscheinlich alles verliert.

In ihrer Zusammenfassung listen die Staatsanwälte alle Vorwürfe gegen Strieder, Sarrazin und Strauch akribisch auf. Die drei hätten mit ihrer Zustimmung zur Millionenspritze ihre Pflicht verletzt, das Vermögen des Landes zu schützen. Der Grund: Das angebliche Sponsoring für das Tempodrom war laut Staatsanwalt in Wirklichkeit eine Zuwendung für den Veranstaltungsbau, weil es keine nennenswerte Gegenleistung für die Millionenspritze gab. Daher hätte das Geld nach Ansicht der Ermittler nur über eine Notbewilligung des Senats oder über einen geänderten Haushaltsplan gewährt werden dürfen, nicht aber mit Hilfe der landeseigenen Bank. Strieder und die anderen verletzten also ihre Vermögensbetreuungspflicht, indem sie unter Umgehung des Budgetrechts des Parlaments und der Haushaltsordnung die Zahlung absegneten – und damit Vermögenswerte des Landes aufs Spiel setzten.

Unstrittig ist aus Sicht der Ermittler auch, dass dem Land durch die Aktion tatsächlich ein Schaden entstand. Die 1,74 Millionen seien zweckwidrig eingesetzte öffentliche Mittel. Daher sei ein Vermögensschaden entstanden. Davor schützt die drei Verantwortlichen auch der Hinweis auf die Landesbürgschaft fürs Tempodrom nicht, die durch die Rettungsaktion geschützt werden sollte, schreiben die Ermittler: Zum Zeitpunkt der Zahlung lagen keine gesicherten Erkenntnisse vor, ob die Insolvenz des 2001 fertig gestellten Bauwerks tatsächlich verhindert werden kann. Ganz im Gegenteil: Schon vor der Millionenspritze von 2002 lagen laut Staatsanwaltschaft Berechnungen vor, aus denen hervorging, dass die einmalige Zahlung zur Rettung des überteuerten Baus keineswegs ausreicht.

Die juristisch entscheidende Frage ist die des Vorsatzes. Auch hier sind die Staatsanwälte der Ansicht, dass sich die Vorwürfe belegen lassen. Alle drei Beschuldigten hätten gewusst, dass das so genannte Sponsoring in Wirklichkeit eine haushaltsrechtliche Zuwendung war. Die Beschuldigten hätten gezielt die Investitionsbank beauftragt, das Geld zu zahlen, um so das Parlament zu umgehen, folgern die Staatsanwälte. Auch sei Strieder, Sarrazin und Strauch klar gewesen, dass die Bank das Geld indirekt (über den so genannten Bankbeitrag) auf den Landeshaushalt anrechnen sollte – und das Geld damit dem Schul- und Sportstättenprogramm fehlen würde, für das der Betrag eigentlich gedacht war. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Bankbeitrag am Ende wegen schlechter Erträge nicht gezahlt wurde.

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