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Berlin: Es geht ein Flug nach nirgendwo

Leere Wandelhalle, unbesetzte Schalter. Tempelhof wirkt schon jetzt etwas museal

Spiegelblank ist der Linoleumboden. Es sind heute noch nicht allzu viele Schuhe darübergelaufen, die ihn hätten verschmutzen können. Von den gut zwei Dutzend Schaltern an der rechten Seite der Halle ist nur einer geöffnet – aber gerade nicht besetzt. Eine Schlange gibt es davor trotzdem nicht. Es ist niemand da, der einchecken will. Wer gestern Mittag in der Wartehalle des Flughafens Tempelhof stand, hatte das Gefühl, die jetzt vom Berliner Oberverwaltungsgericht für Oktober 2008 vorgeschlagene Schließung wäre schon durchgeführt worden.

„Vor zwei Monaten sah das hier noch anders aus“, erinnert sich Kenan Egritepe. Draußen vor dem Flughafengebäude steht er neben seinem Taxi und wartet auf Fahrgäste. Er hat Zeit. Der nächste Flieger landet erst in drei Stunden. „Seit die Fluggesellschaft dba im Oktober zum Flughafen Tegel umgezogen ist, passiert hier nicht mehr viel“, sagt er. Im Oktober benutzten rund 60 000 Passagiere den Flughafen, im November nur noch 33 000. Egritepe fürchtet, dass er seinen Stammplatz demnächst aufgeben muss. Auch Ines Bergfeld verlässt den Flughafen. Am Samstag öffnet ihr Zeitschriftenladen in der Wartehalle zum letzten Mal. Ihr Chef hat beschlossen, dass sie ebenfalls nach Tegel umziehen. Allerdings weniger wegen der drohenden Einstellung des Flugbetriebs, sondern weil der Verkauf von Duty-Free-Gütern nach der Einführung der neuen Sicherheitsbestimmung so stark eingebrochen sei. Wer keine Flüssigkeiten mit an Bord nehmen darf, kaufe keinen zollfreien Schnaps. Unpraktisch fände Gregor Kluyken eine Schließung. Er ist Pilot bei einer Fluglinie, die derzeit dreimal täglich zwischen Mannheim und Tempelhof pendelt. „Viele Geschäftsleute und Politiker fliegen mit uns und schätzen, dass sie hier mitten in der Stadt aussteigen können.“ Außerdem sei der Flughafen, der seit 1923 im Einsatz ist, doch auch ein Stück Geschichte. Um die sorgt sich auch Holger Trocha, Sprecher der Firma Air Service Berlin, die Rundflüge mit einer alten Luftbrücken-Maschine anbietet. „Der Rosinenbomber gehört doch nach Tempelhof“, sagt er. „Was soll der denn in Schönefeld?“

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