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Berlin: „Es geht mir um die Kinder“

Vor der Innenministerkonferenz: Senator Körting will integrierten Flüchtlingsfamilien helfen

Heute treffen Sie sich mit Ihren Kollegen zur Innenministerkonferenz. Dabei soll es um die problematische Lage der Dauerflüchtlinge gehen. Was ist Ihr Vorschlag?

Wir müssen eine Lösung finden für Ausländer, die seit Jahren hier leben und keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben. Ich mache mich dafür stark, dass Familien mit Kindern, die hier aufgewachsen sind, bleiben können. Diese Kinder sind zum Teil hier geboren, denen kann man nicht zumuten, in die Heimat der Eltern zurückzukehren, die sie selber nicht kennen, deren Sprache sie nicht ordentlich sprechen. Wenn diese Leute mindestens sechs Jahre hier leben und nachweisen können, dass sie ohne Sozialhilfe auskommen und nicht strafbar sind, sollen sie eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen.

Für wie lange?

Das müssten wir noch klären. Ich gehe von einem halben oder einem Jahr aus.In dieser Zeit müssen sie eine Arbeit finden, von der die Familie leben kann. Wir wollen keine Zuwanderung in die Sozialsysteme. Wir müssen den Leuten sagen: Wer hier leben will, muss sich selbst ernähren.

Bisher bekommen Ausländer mit begrenztem Aufenthaltstitel nur Jobs, die Inländer und EU-Bürger nicht haben wollen.

In dem Moment, wo ich sage, die Dauerflüchtlinge dürfen bleiben, können und müssen sie auch jede Arbeit annehmen. Wir wollen denjenigen, die mit ihren Kindern hier sind, die Chance geben, sich ein Leben aufzubauen.

Und was ist mit Alleinstehenden?

Ich schlage die Regelung nur der Kinder wegen vor, nicht für die Eltern. Alle Singles, die als Erwachsene in der Lage waren, aus ihrer Heimat hierher zu kommen, können überall auf der Welt ihr Schicksal in die Hand nehmen. Das muss nicht hier sein. Es geht mir um die Kinder. Ihnen gegenüber haben wir eine besondere soziale Verpflichtung.

Glauben Sie, dass Sie mit dem Vorschlag bei Ihren CDU-Kollegen durchkommen?

Wenn nicht jetzt, dann nächstes Jahr. Auf Dauer wird sich dieser Regelung niemand verschließen können. Das hat auch etwas mit christlicher Gesinnung zu tun.

Sind Sie gläubig?

Ich muss nicht an Gott glauben, um zu sehen, dass Jesus der bedeutendste Philosoph der Menschheitsgeschichte war. Denn das Christentum hat wie keine andere Religion und wie keine andere Philosophie die Solidarität unter den Menschen in den Vordergrund gestellt.

Wenn Sie bei der Innenministerkonferenz scheitern: Können Sie Ihren Ansatz teilweise für Berlin retten?

Ich kann solche Altfälle in Berlin nur einzeln über die Härtefallkommission regeln, wie bei der Familie Shigjeqi, die jetzt ein halbes Jahr Zeit hat, sich Arbeit zu suchen. Das ist langwierig und mühsam.

Wie geht es Ihnen, wenn ein Schwung Härtefälle auf Ihren Tisch kommt?

Das sind bedrückende Entscheidungen, das können Sie mir glauben. Besonders angenehm ist das nicht.

Ist es trotzdem richtig, dass Sie als Einzelperson das letzte Wort haben?

Ja. Der Entscheider muss jemand sein, der das Ergebnis gegenüber dem Parlament vertritt. Das kann man keiner unabhängigen Kommission überlassen. Die kann man nicht belangen, wenn sie jemandem den Aufenthalt erlaubt und die Sozialkassen die Entscheidung bezahlen müssen.

Aber wie wägt man ab zwischen Humanität und Finanzzwängen?

Dass man hier durchgefüttert wird, ist ein Akt der Wohltätigkeit. Die kann man nicht einfordern. Humanität ist etwas anderes. Die kann man in äußerster Not erwarten, aber nur, wenn die Existenz bedroht ist. clk/ari

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