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Kreuzberger Idyll. Die Admiralbrücke ist seit Jahren beliebt und populär, vor allem wegen der schönen Sonnenuntergänge. Doch die Menschen machen auch Krach – zum Ärger der vielen Anwohner, die nicht schlafen konnten.

© Kai-Uwe Heinrich

Feiern auf der Admiralbrücke: "Es ist 22 Uhr, gehen Sie bitte!"

Auf der Admiralbrücke wird immer noch gefeiert, aber pünktlich am Abend kommt der Kommissar. Und dann ist Ruhe in Kreuzberg.

Es ist ein lauer Sommerabend auf der Admiralbrücke. An den schmiedeeisernen Verzierungen des Brückengeländers weben Spinnen eifrig ihre Netze, ein Akkordeonspieler schmettert „Bésame mucho“. Geländer, Bürgersteige und Poller auf dem Mittelstreifen sind von Menschen gesäumt, was wiederum Flaschensammler anlockt. Also alles wie immer an der Admiralbrücke?

Nicht ganz. In diesem Sommer ist es ein Spaß auf Zeit: Um 22 Uhr wird die Polizei die Leute von der Brücke über dem Landwehrkanal verscheuchen. Wegen Anwohnerbeschwerden wurde im vorigen Jahr ein Mediatorenteam aus zwei Personen auf der Brücke eingesetzt, um eine Verständigung zwischen entnervten Nachbarn und feiernden Nachtmenschen zu fördern. Der Senat zahlte dafür 18 000 Euro. Dieses Jahr sorgen einfach Polizei und Ordnungsamt für Ruhe auf der Brücke – und bisher klappt das ganz gut.

Hätte das nicht gleich so gemacht werden können? Erst durch das Engagement der Vermittlerinnen sei die erfolgreiche Arbeit der Polizei ermöglicht worden, sagt Ordnungsstadtrat Peter Beckers (SPD). Denn jetzt erst würden die Besucher der Brücke das Ruhebedürfnis der Anwohner akzeptieren. Und außerdem: Die Kosten für die Polizei überstiegen die Summe von 18 000 Euro bei weitem.

Julia Catharina, 21, kennt die Seite der Spaßverderber. Sie sitzt an diesem Montagabend mit ihren Freundinnen auf der Brücke, im vergangenen Sommer war sie bei Freunden am Fraenkelufer eingeladen, direkt am Eck zur Admiralbrücke. „Wir haben auf dem Dach gesessen und unser eigenes Wort nicht mehr verstanden“, erzählt die Kreuzbergerin. Am schlimmsten sei der Lärm der Leute gewesen, die mit Verstärkern kleine Konzerte auf der Brücke veranstalteten. Ihre Freundin Felicia, 20, vermutet, dass die jetzt in die Hasenheide und den Görlitzer Park ausweichen. Stadtrat Beckers nimmt an, dass die Nachtschwärmer auf Oberbaumbrücke und Warschauer Brücke abwandern.

Die aber, die nur gemütlich rumsitzen wollen, scheint es nicht zu stören, dass auf der Brücke um 22 Uhr Schluss sein wird. Gegen 20 Uhr sitzen 70 Menschen auf den warmen Steinen. In den vergangenen Jahren war oft vorgeschlagen worden, die Brücke einfach umzubauen. Momentan liegt der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg der Antrag vor, die für 2014 geplante Sanierung der Admiralbrücke vorzuziehen und eventuell die zum Sitzen verführenden Poller zu beseitigen. Die nächste Sitzung der BVV ist im September, bei einer Bestätigung müsste die Senatsverwaltung über eine vorgezogene Sanierung entscheiden.

Klare Bitte der genervten Anwohner.

© Kitty-Kleist Heinrich

Aber noch stehen die Poller. Auch um neun Uhr kommen noch neue Leute an. Ein Mann spielt Gitarre, er singt spanische Liebeslieder. Alles wirkt friedlich. Plötzlich durchfährt ein scharfes „Aus jetzt!“ die dämmrige Meditationsstimmung. Pünktlich um 22 Uhr sind zwei Polizisten und zwei Ordnungsamtler erschienen. Der Ruf gilt den spanischen Liebesliedern. Die Beamten gehen von Grüppchen zu Grüppchen und fordern alle auf, „die Brücke jetzt bitte zu verlassen“.

Keiner nörgelt, die meisten stehen sofort auf, andere trinken noch ihr Bier aus. Nach 20 Minuten ist das Spektakel vorbei. „Es klappt wunderbar. Die Leute sind sehr einsichtig“, sagt der Polizeioberkommissar. Sein Polizeibus bleibt bis ein Uhr nachts auf dem Bürgersteig der Brücke stehen. Bis zwei Uhr wird sie von einer Funkstreife angefahren. Die Polizeipräsenz sei bisher noch nötig, so Stadtrat Beckers. „Aber ich denke, dass die Gegend um die Admiralbrücke peu à peu wieder das wird, was sie einmal war, nämlich Wohngebiet.“ Aus den Reiseführern würde sie dann automatisch verschwinden.

Jetzt sitzen nur noch zwei Mädchen mit Reisegepäck am Straßenrand. Vera, 29, und Vendula, 22, sind gerade aus Tschechien angekommen, einen Schlafplatz haben sie noch nicht. Sie stehen auf. „Wir finden bestimmt etwas, das ist doch Berlin!“, sagt Vera und verschwindet in die Dämmerung.Franziska Felber

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