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Berlin: Etappensieg im Tafelstreit

An der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen werden vier Informationsstelen aufgestellt. Über sie wurde lange diskutiert

Es geht um vier schlichte Informationstafeln. Vordergründig. Im Hintergrund schwelt ein erbitterter Kampf um die historische Wahrheit der DDR. Die erste Etappe des „Tafelstreits“ haben die Mitarbeiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen gewonnen. Heute werden vier Stelen in der „verbotenen Zone“, dem einstigen militärischen Sperrbezirk rund um die Gedenkstätte des ehemaligen Stasi-Gefängnisses in Hohenschönhausen, aufgestellt. Sie erzählen von den Spionage-Werkstätten der Stasi, vom „Speziallager“ der sowjetischen Geheimpolizei und von den Opfern der „kommunistischen Diktatur“.

Die Sperrzone, auf Ost-Berliner Stadtplänen einfach als weißer Fleck kaschiert, war mit einer Mauer eingefasst. Herein kamen nur Häftlinge und Bedienstete. Von der Mauer ist nichts mehr übrig, und so fragen sich Besucher genau wie an der Berliner Mauer, wo die Grenze zwischen drinnen und draußen eigentlich verlief.

Die Gedenkstätte entschied daraufhin, vier Infotafeln zu errichten. Keine große Sache, dachte Gedenkstättenleiter Hubertus Knabe, aber er sollte sich irren. Weil die Sperrzone heute gewöhnliches Straßenland ist, muss der Bezirk zustimmen, doch die PDS-Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung sträubte sich. Der „Tafelstreit“ war geboren. Die PDS nahm besonders an der Formulierung „kommunistische Diktatur“ Anstoß.

Das war noch nicht alles. Auf einer Bürgerversammlung bezeichneten ehemalige Stasi-Offiziere die Gedenkstätte als „Gruselkabinett“ und verhöhnten die Opfer. Kultursenator Thomas Flierl (PDS) saß auf dem Podium und ließ die Provokationen weitgehend unkommentiert. Für sein Verhalten erntete er massive Kritik.

Erst unter erheblichem Druck der Öffentlichkeit gab die Lichtenberger PDS ihren Widerstand gegen die Tafeln auf. Zugleich startete das Bezirksamt eine eigene Initiative. Neben den vier Infostelen der Gedenkstätte sollen zehn weitere Tafeln aufgestellt werden. Die Texte werden diesmal von einer Fachjury erarbeitet, in der neben der Gedenkstätte die Senatsverwaltung für Kultur und die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien vertreten sind.

Hubertus Knabe spricht von einer „Erweiterung“ des ursprünglichen Konzepts, ist aber zugleich skeptisch, ob die Beteiligten einen Kompromiss finden. Lichtenbergs Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (PDS) möchte auch die früheren Nutzungen des Stasi-Geländes erwähnen. Die Nazis errichteten dort Baracken für Zwangsarbeiter.

Hubertus Knabe wehrt sich dagegen, den „Ort zu relativieren“. Ein Hinweis auf Zwangsarbeiter sei nur dann akzeptabel, wenn andere ehemalige Barackenunterkünfte im Bezirk auch eine Gedenktafel erhalten. Der Tafelstreit, so viel scheint sicher, ist noch nicht am Ende.

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