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Berlin: Europa zum Quadrat

Auf dem „Pfad der Visionäre“ sind Zitate berühmter Staatsbürger verewigt Heute wird das Kunstprojekt in der südlichen Friedrichstraße übergeben

Der Ball ist rund. Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Berühmte Deutsche haben viele kluge Sätze gesagt, geschrieben und gesungen, die jeder sofort versteht. Aber nein, die Jury musste sich ausgerechnet Immanuel Kant und seine Formel des kategorischen Imperativs aussuchen: „Handle stets so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“

Zugegeben, der deutsche Beitrag sei tatsächlich „ein bisschen kopflastig“ geraten, sagt Bonger Voges vom Verein Kunstwelt. Das hätten nun schon mehrere kritisiert. „Aber es gibt ja noch 26 weitere Tafeln.“ Voges leitet das Kunstprojekt „Pfad der Visionäre“, das am heutigen Sonntag um 17 Uhr in der Fußgängerzone am südlichen Ende der Friedrichstraße eingeweiht wird. In Dreierreihen sind dort Tafeln in den Boden eingelassen. 27 insgesamt, eine für jedes EU-Mitglied sowie die Beitrittsländer Rumänien und Bulgarien. Und auf jeder Platte ist der Spruch eines großes Staatsmanns, Dichters oder Schriftstellers des entsprechenden Landes nachzulesen. Manche Zitate sind abstrakt wie das von Kant, andere eher bildhaft. Zum Beispiel die berühmten Sätze aus „Der kleine Prinz“, aus der Feder des französischen Schriftstellers Antoine de Saint-Exupery: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Die Vorschläge kamen von den Botschaften der beteiligten Länder, ausgewählt wurden sie letztlich von einer 40-köpfigen Jury aus Berliner Politikern und Prominenten. Die 200 000 Euro Baukosten brachten private Sponsoren und die Botschaften auf. Das Projekt sei „eine unprätentiöse Art, Europa zu erfahren“, sagt Voges. Einfach hingehen, angucken, sich seinen Teil denken. Und vielleicht eine Anregung mit nach Hause nehmen. „Das funktioniert selbst bei dem Kant-Zitat, nach einem bisschen Nachdenken.“

Gleichzeitig soll der „Pfad der Visionäre“ noch einen anderen Zweck erfüllen: „Unseren Kiez bekannter machen.“ Den nördlichen Teil der Friedrichstraße kenne wohl jeder, den Bahnhof, das Kulturkaufhaus Dussmann, die Galeries Lafayette. „Zum südlichen Ende verlaufen sich kaum Touristen“, sagt Bonger Voges. Die Planungen für das Projekt dauerten drei Jahre, unter anderem deshalb, weil ein spezielles Verbundglas gefunden werden musste, über das nicht nur Fußgänger schreiten, sondern im Extremfall auch 12-Tonnen schwere Lastwagen rollen können. „Unsere Konstruktion ist in dieser Form einzigartig.“ Bald sollen Lampen eingebaut werden, damit die Sprüche auch nachts zu lesen sind.

Ein EU-Land ist übrigens nicht mit einem eigenen Vertreter dabei: Die Tafel Belgiens ziert ein Spruch von Julius Caesar. Warum? Der hat gegen die Belgier mehrere Kriege geführt – und ihnen anschließend ein Kompliment gemacht, wie es für einen Feldherrn nicht größer hätte ausfallen können: „Von allen Galliern sind die Belgier die tapfersten.“

Mehr zum Thema im Internet

www.pfaddervisionaere.de

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