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Berlin: Ex-Lufthansachef: Tegel ausbauen, Häuser abreißen

Heinz Ruhnau will Mieter in Reinickendorf durch Eigentumswohnungen entschädigen und sieht keinen Bedarf für neuen Flughafen

Für einen radikalen Kurswechsel in der Berliner Luftfahrtpolitik setzt sich der ehemalige Lufthansa-Chef Heinz Ruhnau ein. Danach sollte die Planung für den Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld nicht weiter verfolgt werden. Stattdessen sollte der Flughafen Tegel ausgebaut werden. Im engeren Einflugbereich sollten dann Wohnhäuser gekauft werden, um sie abreißen zu können. Mieter sollten großzügig durch Eigentumswohnungen an anderen Orten entschädigt werden.

Ruhnau, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrats der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF) war, ist überzeugt, dass Berlin bis zum Jahr 2015 keinen neuen Flughafen braucht. Zudem sei der Bau derzeit nicht finanzierbar – weder privat noch aus öffentlichen Kassen. Eine dritte Drehscheibe neben Frankfurt (Main) und München für einen Umsteigeverkehr mit interkontinentalen Verbindungen sei in den nächsten 20 Jahren nicht erforderlich.

Das Projekt BBI ist ohnehin ins Trudeln geraten. Die für Ende November vorgesehene Privatisierung der Flughafen Holding ist aufs nächste Jahr verschoben worden. Dabei sind nicht nur noch Probleme zwischen den bisherigen Gesellschaftern und dem ausgesuchten Käuferkonsortium von IVG und Hochtief zu lösen. Nach Tagesspiegel-Informationen knirscht es auch innerhalb des Konsortiums, das auseinander krachen könnte.

Während die Wirtschaft darauf drängt, den internationalen Flughafen so schnell wie möglich zu bauen, plädiert Ruhnau für eine „Abkühlungsperiode“ von fünf Jahren. In diesem Zeitraum sollten alle Planungsarbeiten auf Eis gelegt werden.

Nach Ansicht von Ruhnau reichen die Kapazitäten von Schönefeld, Tegel und Tempelhof aus, den Verkehr dort abzuwickeln, selbst wenn sich die Passagierzahlen in den nächsten 13 Jahren verdoppeln sollten. Dazu müsste aber in Tegel ein zusätzliches Abfertigungsgebäude errichtet werden. Planungsrechtlich sei dies möglich, ist Ruhnau überzeugt. „Nur der politische Wille muss vorhanden sein“, sagte Ruhnau dem Tagesspiegel. Einen Ausbau Tegels lehnt die Koalition von SPD und PDS ab.

Weiteren Platz für Linienflüge in Tegel gebe es ferner, wenn man Flugzeuge mit weniger als 70 Sitzen nach Tempelhof schicken und den Touristikverkehr komplett nach Schönefeld verlagern würde, so Ruhnau weiter. Dies sei nach europäischen Recht möglich, weil die drei Berliner Flughäfen ein Flughafensystem seien. Die Flughafengesellschaft hält eine Zwangsverlagerung des Verkehrs bisher für nicht möglich, vertritt aber auf der anderen Seite ebenfalls die Ansicht, dass es in Berlin ein Flughafensystem gebe.

Am Ende dieses Jahrzehnts sollte eine Diskussion geführt werden, ob ein Single-Flughafen überhaupt notwendig und finanzierbar sei, schlägt der Ex-Lufthansachef weiter vor. Eine Expertenkommission von internationalen Luftfahrtexperten sollte in den nächsten fünf Jahren eine grundsätzliche Studie über die Entwicklung des Berliner Luftverkehrsmarktes erstellen. Auf jeden Fall werde ein anderer Standort als Schönefeld notwendig sein.

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