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Ex-Senator Michael Braun.

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Exklusiv

Ex-Senator Michael Braun: „Ich bin ein Freund des Verbraucherschutzes“

Zum ersten Mal seit seinem Rückzug äußert sich Ex-Justizsenator Michael Braun (CDU). Er fordert eine Klarstellung der Richtlinien für Notare - und ein Gericht wirft ihm Pflichtverstöße vor.

Von Sabine Beikler

Drei Monate nach seinem Rücktritt als Justiz- und Verbraucherschutzsenator meldet sich CDU-Politiker Michael Braun wieder zu Wort. Er fordert eine „Klarstellung der Richtlinien“ der Berliner Notarkammer – zum Schutz der Verbraucher und Notare. „Ich bin ein Freund von Verbraucherschutzregelungen“, sagte er am Mittwoch dem Tagesspiegel. Braun schied im Dezember nach zwölf Tagen aus dem Amt, nachdem bekannt geworden war, dass er in seiner beruflichen Tätigkeit als Notar Kaufangebote von Schrottimmobilien zulasten von Verbrauchern beurkundet hatte.

Er könne sich aufgrund seine Schweigepflicht nicht zu einzelnen Fällen äußern, betonte Braun. In seiner 16-jährigen Tätigkeit als Notar habe er nie „bewusst oder rechtswidrig“ Verbraucherschutzinteressen missachtet. Das Landgericht Berlin dagegen kommt in einem Beschluss vom 2. März zu einem anderen Urteil. In einem Notarkostenbeschwerdeverfahren wirft die Zivilkammer 82 des Landgerichts Braun „mehrere Pflichtverstöße“ bei der Beurkundung eines Kaufvertrages vor. Anlass für die Beschwerde war ein Kaufangebot, das Frau B. in der Kanzlei von Braun unterzeichnet hatte.

Ihrem Anwalt Marcel Eupen zufolge sei die Tagesmutter über einen sogenannten „Cold Call“ angeworben worden. „Cold Calls“ sind Telefonanrufe, die als Umfragen getarnt sind, bei denen mit Steuerersparnissen geworben wird. B. sollte für 145 000 Euro eine 63 Quadratmeter große Erdgeschosswohnung in Schöneberg kaufen. Nach Angaben von Eupen soll die Wohnung aber nur einen Wert von etwa 53 000 Euro gehabt haben. Der Kauf kam nicht zustande. Die Notarkosten in Höhe von 599,05 Euro sollte Frau B. jedoch zahlen, Braun bestand darauf. Es kam zu einer Notarkostenbeschwerde, Eupen setzte sich schließlich gerichtlich durch.

Das Gericht hält Braun vor, er habe nicht darauf hingewirkt, dass der Verbraucherin der Vertrag zwei Wochen vor Abschluss vorgelegt werde. Das ist bei Verbraucherverträgen gesetzlich verpflichtend. Außerdem habe Braun nicht darauf geachtet, dass die systematische Aufspaltung der Verträge in Angebot und Annahme in der Regel unzulässig und „nur aus sachlichen Gründen“ zu rechtfertigen sei, so die Kammer. Fast jede zehnte Urkunde seiner Kanzlei sei aufgeteilt gewesen. Deshalb könne man von einer „systematischen und damit unzulässigen Aufspaltung“ ausgehen. Das Gericht fordert von Braun außerdem weitere „Prüfungspflichten“ ein.

Braun hat Beschwerde gegen das Urteil eingelegt. Er verlangt nun eine Klarstellung der Definition von „systematisch“ und von „sachlichen Gründen“, die für eine Aufspaltung der Verträge sprechen könnten. „Wenn das Gericht eine Dokumentationspflicht verlangt, halte ich mich auch dran. Das wäre aber neu und kann nicht rückwirkend gelten“, sagt Braun.

Die Notarkammer will demnächst ihre Richtlinien ändern. In einer Beschlussvorlage, die dem Tagesspiegel vorliegt, wird jedoch nur konkretisiert, dass eine systematische Aufspaltung von Verträgen in Angebot und Annahme „aus sachlichen Gründen“ gerechtfertigt sein könne. Welche Gründe das sind, wird nicht erörtert. Die Bundesnotarkammer warnt seit Jahren vor dieser Aufspaltung. Dabei erkennt der Käufer häufig nicht, dass er sich mit einem Angebot schon für eine bestimmte Zeit zum Kauf verpflichtet. Der Verkäufer muss das Angebot nur noch mit der „Annahme“ beurkunden, dann ist das Geschäft gültig. Das ist gängige Praxis, wenn Vertriebsgesellschaften und Mittelsmänner überteuerte Immobilien verkaufen wollen. Berlinweit zählt die Branche 15 bis 20 der 900 Notare zu jenen, die solche Geschäfte beurkunden.

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