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Berlin: Exoten auf Abwegen

Ob Affe, Tiger oder Elefant: Immer wieder flüchten wilde Tiere

In heimischen Büschen verbirgt sich nicht nur vertrautes Getier wie Kaninchen und Spatzen. Gestern früh sprang ein Rhesusaffe namens Thomas aus dem Dickicht neben einer Bushaltestelle in Bernau, biss einer 14-jährigen Schülerin in die linke Wade und rannte über den Bürgersteig davon. Die Polizei und Tierpfleger vom Zirkus Paul Busch, dem der Affe entlaufen war, entdeckten das 60 Zentimeter große Tier kurze Zeit später auf einem Baum einer Kleingartenanlage. Erst sollten die Lockrufe eines Affenweibchen Thomas zur Heimkehr bewegen. Doch die Nummer zog nicht. So griff man zu Großwildjäger-Methoden. Ein Tierarzt schläferte den Affen mit einem Giftpfeil ein, um ihn per Schubkarre zurück in den Zirkus neben der Bahnhofspassage bringen zu lassen. Die gebissene Schülerin konnte nach einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus den Unterricht besuchen.

Ein Rhesusaffe musste den Großwild erprobten Polizisten von Berlin und Brandenburg vergleichsweise lächerlich vorkommen. Letztes Jahr im Oktober meldete ein Autofahrer der Polizei in Potsdam, er sei auf der Nuthe-Schnellstraße fast mit einem Tiger kollidiert. Kurz darauf rief der Zirkus Probst an, aus dem die Raubkatze entflohen war. Zwei Stunden nach dem Anruf entdeckte jemand die Tigerdame Zawa bei einer Ruhepause am Zaun des Babelsberger Parks. Auch Zawa wurde mit einem Betäubungsmittel ruhig gestellt. Im Oktober 2001 stand ein Zirkus-Elefant auf der Mittelinsel des Jakob-Kaiser-Platzes in Reinickendorf. Ein Großaufgebot der Polizei sicherte den Platz. Im Vergleich zu bissigen Rhesusaffen und Tigern war der 19 Jahre alte Elefant namens Baby sanftmütig. Nachdem die Autos einiger Falschparker aus dem Weg geräumt waren, bestieg Baby artig den Wagen vom Zirkus Barelli.

Besonders viel Großwild gab es im Jahr 2000 zu jagen. „Der Löwe ist los!“, hieß es im August bei Schenkendorf, 20 Kilometer südlich von Berlin. Ein Tier, „größer als ein Schäferhund“, wurde gesichtet. Anwohner berichteten von einem „undefinierbaren Tiergebrüll“. In den Gerüchten wuchs das Tier zu einem Löwen an. Die Polizei schwärmte mit Hubschraubern aus und suchte den Waldboden nach Tatzenspuren ab. Allerdings meldete keiner eine Raubkatze als vermisst. Es stellte sich heraus, dass der Löwe nur der Fantasie zweier Anwohner entsprungen war.

Im Oktober desselben Jahres stellte die Polizei einen Damhirsch auf dem Innenhof einer Spandauer Bank. Und in der Adventszeit galoppierte ein Lama Unter den Linden entlang. Das Tier riss vom Weihnachtsmarkt am Kronprinzenpalais aus und rannte zum Auswärtigen Amt, wo es der Eigentümer wieder einfing. Es sind nicht nur die Sommerlöcher, in denen exotische Tiere ausbüxen.

Till Schröder

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