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Berlin: Experten: Höhere Kosten für Palastabriss waren absehbar

Nach weiteren Asbestfunden dürfte sich der finanzielle Aufwand für den Abbruch verdoppeln. Sachkundige überrascht das nicht – anders als die Bauverwaltung

Die Kosten für den Abriss des Palastes der Republik werden sich wohl auf rund 20 Millionen Euro verdoppeln. Doch diese Explosion der Kosten kommt Experten zufolge keineswegs überraschend. Nach Angaben des Sachverständigen Thomas Richter war bereits zum Zeitpunkt der Ausschreibung klar, dass trotz der umfangreichen vorangegangenen Asbestsanierung immer noch Reste des giftigen Baumaterials an verborgenen Stellen des Palastes gefunden werden würden. Das damit verbundene finanzielle Risiko hätten Bund und Land durch die Ausschreibung auf sich genommen – statt die Baufirma daran zu beteiligen.

Ein anderer Experte teilt dieses Urteil: „Die Ausschreibung hat der Baufirma Tür und Tor geöffnet für Nachforderungen“, sagt Bauingenieur Harald Schöpe. „Jeder Baubetrieb wäre dumm, wenn er diese Lücke nicht ausnützen würde“, sagt er. Schöpe kennt den Palast der Republik wie seine Westentasche: Er hat das Gebäude nach der ersten Asbestsanierung so umgebaut, dass dort zwei Jahre lang Konzerte, Theaterstücke und Ausstellungen stattfinden konnten. Dennoch war sein Rat vor dem Abriss nicht gefragt.

Schöpe zufolge hätte man die Ausschreibung so gestalten können, „dass das wirtschaftliche Risiko bei Asbestfunden auf den Schultern des Auftragnehmers liegt“. Dadurch hätten zwar auch Mehrkosten für den Auftraggeber entstehen können, „aber sicher nicht in diesem Umfang“. Grundsätzlich könnten Baufirmen Zusatzkosten geltend machen, wenn unerwartete Umstände die Arbeiten aufwendiger machen. Doch bei einer Ausschreibung zugunsten des Bauherren liege die Beweislast für die Mehrkosten bei den Firmen.

Beide Gutachter vermuten, dass die unscharfen Formulierungen in der Ausschreibung „haushalts- oder politikstrategische“ Gründe haben könnten. „Die zunächst geringen Abrisskosten wurden als politischer Erfolg gefeiert“, sagt Schöpe. Dass die Rechnung am Ende viel höher sein würde, werde dann als übliche Unwägbarkeit von Bauprojekten dargestellt. Die Senatsbauverwaltung weist diese Vorwürfe scharf zurück: „Asbest wurde jetzt bei Innenfugen gefunden, wo niemand damit gerechnet hätte“, sagt Sprecherin Petra Rohland. Die Bauleute müssten nun mit Schutzanzügen die Platten befeuchten und als Ganzes aus dem Stahlskelett herausheben. Dazu benötige man mehr Zeit als vorgesehen, und das erhöhe die Kosten.

Dass der in der Ausschreibung ausgewählte, billigste Anbieter von vornherein auf diese zusätzlichen Aufträge spekuliert haben könnte, schließt die Sprecherin aus. Die Abrisskosten würden in der Summe zwar steigen. Die Firma leiste die zusätzlichen Arbeiten aber zu ähnlich günstigen Stundensätzen wie die ohnehin geplanten Aufgaben. Laut Senatsbauverwaltung werden sich die Zusatzkosten im schlechtesten Fall auf 9,6 Millionen Euro belaufen. Dieses Geld muss der Bund alleine aufbringen. Die ursprünglich für den Abriss veranschlagten neun Millionen Euro teilen sich der Bund und das Land Berlin, das gut ein Drittel davon bezahlen muss.

Bereits im Jahr 2003 hatte der damalige Bundesbauminister Manfred Stolpe vor einer Explosion der Kosten gewarnt, die damals mit 20 Millionen Euro beziffert wurden. Der Abrissauftrag wurde im Januar – überraschend für viele Experten – für nur neun Millionen Euro vergeben. Im März rechnete der Senat aber bereits mit zwölf Millionen Euro.

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