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Berlin: Extratour für Radler

Immer mehr Berliner fahren täglich mit dem Rad. Deshalb wird das Routennetz jetzt ausgebaut

Die Menschen in Berlin fahren immer öfter mit dem Rad – bis zu 500 000 sollen es mittlerweile täglich sein. Das ist für die Stadt Anlass genug, das Fahrradroutennetz auszubauen: In zwei Jahren soll es fertig sein. Das kündigte Fahrradplaner Heribert Guggenthaler aus der Verkehrsverwaltung im Gespräch mit dem Tagesspiegel an. Bis an die Stadtgrenzen solle das Netz reichen und dort in etwa fünf bis sechs Jahren komplett sein. Dann steht Radfahrern ein 630 Kilometer langes, spezielles Wegenetz zur Verfügung: Es ist sicher angelegt, gut asphaltiert und ausgeschildert. Die zwölf Routen in Sternform beginnen am Schloßplatz in Mitte. Die Fernradwege nach Usedom und Kopenhagen sowie der Mauerweg und der Europaradweg 1 werden integriert.

Am heutigen Donnerstag wird entlang der Teltowkanalautobahn ein Radweg der besonderen Art eröffnet – er hat „Autobahnqualität“: Die fünf Meter breite Piste führt sechs Kilometer von der Späthstraße bis nach Rudow zwischen Teltowkanal und Lärmschutzwand entlang und ist Teil des Mauerradwegs um das einstige West-Berlin. Die neue Strecke dürfte sich schnell als Trainingsstrecke für Rennradler und Skater etablieren – so wie der Kronprinzessinnenweg entlang der Avus.

Trotz knapper Kassen gibt das Land jährlich rund 2,5 Millionen Euro für das Hauptnetz aus, hinzu kommen 2,5 Millionen aus dem Tourismustopf. Begonnen wurde im Jahr 2000. Sechs Jahre später sagt Referatsleiter Guggenthaler, dass es „aktiven Widerstand“ gegen Radspuren und Radrouten nicht mehr gebe, „selbst der ADAC hat die Proteste gegen Radspuren aufgegeben“. Mittlerweile konnte Guggenthalers Referat die Radspuren jedoch sogar auf Kosten von zwei der sechs Autospuren durchsetzen.

Wie berichtet fordert auch die Polizei diese mit weißer Farbe markierten Spuren auf der Fahrbahn. Sie sollen sicherer sein als die herkömmlichen, gepflasterten Radwege auf dem Bürgersteig. Dort sind Radler im Konflikt mit Fußgängern und werden von rechts abbiegenden Autos gerne übersehen. „Die Zahl der Unfälle wird weiter sinken, wenn es die Radspuren flächendeckend gibt“, heißt es bei der Verkehrspolizei. Starben 2003 noch 24 Radfahrer, waren es 2005 nur noch sieben – bei steigendem Fahrradverkehr. In diesem Jahr zählte die Polizei vier Tote.

Dieser positive Trend erkläre sich nicht nur mit neuen Radspuren, sagen Experten. Radfahrer leben auch sicherer, gerade weil sie mittlerweile massenhaft unterwegs sind. Früher wurden vereinzelte Radler oft übersehen, weil Autofahrer nicht mit ihnen rechneten.

Im Jahr 2004 hatte die Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer Berlin zur „Fahrradstadt“ ausgerufen und angekündigt, dass der Anteil des Rades am Gesamtverkehr von zehn auf 15 Prozent steigen soll. „In fast jedem Haushalt der Stadt ist mittlerweile ein Rad vorhanden“, sagt Benno Koch vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC).

Die neuen Wege machen das Radfahren jetzt attraktiver. Neben den sechs Kilometern entlang der Autobahn wurden vor wenigen Tagen nördlich anschließend 2,5 Kilometer am Heidekampgraben fertiggestellt – wenn auch mit Kopfsteinpflastereinlagen. Das gleiche gilt für den Europaradweg R1, der von Calais bis St. Petersburg durch Berlin führt. Vor zwei Wochen erst war südlich des Müggelsees ein zwölf Kilometer langes Teilstück vom Strandschlossweg bis fast an die Stadtgrenze Richtung Erkner eröffnet worden. Der Mauerweg, der Europaradweg sowie die Strecken nach Usedom und Kopenhagen sollen bis Ende 2007 fertig sein.

Echten Widerstand gegen Radwege leisten jetzt nur noch Kleingärtner am Charlottenburger Hohenzollernkanal – weil sie dann nicht mehr mit dem Auto vor der Parzelle parken können. Genauso wie über die Schrebergärtner-Argumente ärgert sich Guggenthaler über langsame Bezirke. Diese müssen die vom Senat geplanten und finanzierten Wege bauen – zwingen könne man sie dazu jedoch nicht. Vor allem Tempelhof-Schöneberg glänze durch Nichtstun.

Wie berichtet, verweigert der CDU-Baustadtrat in der Belziger Straße eine Asphaltschicht. Deshalb gibt es auf der „Wannseeroute“ weiter ein Stück Kopfsteinpflaster. In Pankow verhindern CDU und PDS gemeinsam eine Asphaltschicht durch den Mauerpark – und das ist immerhin ein Stück des Kopenhagen-Fernwegs.

Informationen im Internet

www.euroroute-r1.de

www.stadtentwicklung.berlin.de/verkehr/radverkehr/

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