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Berlin: Fahndung ins Leere

Polizei ermittelt Urheber von Hassmails nur selten Den Opfern rät sie aber trotzdem zur Anzeige.

Menschen mit Migrationshintergrund werden immer wieder Opfer von rassistischen Hassattacken per E-Mail – doch die Polizei hat oft Probleme, die Täter eindeutig zu identifizieren. „Ohne Zeugenaussagen oder andere Beweise ist die Nachweisführung schwierig“, sagte ein Polizeisprecher. Allerdings sollte dies niemanden davon abhalten, Anzeige zu erstatten. Man müsse „Grenzen setzen und klar machen, dass man sich nicht beleidigen lässt“, sagte der Sprecher weiter.

Wie berichtet, hatte zuletzt der Bildungsexperte der Grünen im Abgeordnetenhaus, Özcan Mutlu, über regelmäßig an ihn per Mail geschickte Hetztiraden geklagt. Doch die Absender blieben in den meisten Fällen anonym. Bei Straftaten im Internet sei es grundsätzlich kompliziert, einen Täter zu ermitteln. „Ohne Angeklagten aber keine Gerichtsverhandlung“, sagte Alain Mundt, Fachanwalt für Strafrecht. Die Adresse des E-Mail-Accounts oder des Internetanschlusses allein reiche nicht aus, um zweifelsfrei nachzuweisen, wer hinter einer Tat steckt. „Wenn ein Computer von mehreren Nutzern verwendet wird, laufen die Ermittlungen ins Leere“, sagte Mundt. So lange ein Verdächtiger sich darauf beruft, muss ihm die Polizei bis zum Beweis des Gegenteils glauben. „Wer sich erfolgreich zur Wehr setzen will, sollte auch eine zivilrechtliche Klage anstreben“, rät Artur-Axel Wandtke, emeritierter Professor für Urheberrecht an der Humboldt-Universität.

So hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem „W-Lan-Urteil“ festgelegt, dass Internetanschlüsse vom Besitzer mit „marktüblichen Sicherungen“ vor Missbrauch zu schützen sind. Zwar hat sich der BGH dabei auf einen Fall von Urheberrechtsverletzung bezogen, doch lasse sich die Aussage auch auf Beleidigungen per E-Mail anwenden, so Wandtke. „Es ist egal, ob es sich um den illegalen Download von Liedern oder einen Angriff auf die Persönlichkeit handelt – die Gesetze der analogen Welt gelten auch im Internet“, sagte er. Zwar fehlt für eine Schadensersatzklage erneut der konkrete Täter, Opfer können aber auf diese Weise zumindest eine Unterlassungsanweisung gegen den Inhaber der E-Mail-Adresse erwirken. Er müsse dann dafür Sorge tragen, dass von seinem Computer keine solcher Mails mehr versendet werden.

Das Sperren des Internetzugangs, wie es in Frankreich oder auch in England praktiziert werde, sei in Deutschland indes nicht möglich, sagte Wandtke. Dem stehe das Grundrecht auf freien und ungehinderten Zugang zu Informationen entgegen. BUD

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