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"Generalprobe" zum ersten fahrradbetriebenen Kino in der TU Berlin. Premiere am 1. Juli auf dem Tempelhofer Feld. Talu Tüntas, im roten Hemd, ist der Initiator.

© Mike Wolff

Fahrrad-Kino am Tempelhofer Feld: Strampeln für den Strom der Filmtechnik

Eine Fahrrad-Initiative aus Neukölln lädt zum umweltfreundlichen Open-Air-Kino aufs Tempelhofer Feld. Die Filmtechnik wird komplett durch Muskelkraft betrieben. Dafür gibt es zwölf Strampel-Stationen. Aufsitzen müssen die Zuschauer.

Der östliche Teil des Tempelhofer Felds wird heute Abend ungewöhnlich hell erleuchtet sein – und zwar von einer Kinoleinwand. Möglich macht das eine Erfindung des Energieseminars der TU Berlin: „Cine 2 Ride“ nennt sich das erste Berliner Fahrradkino, das komplett durch Muskelkraft betrieben werden soll. An diesem Mittwoch feiert das Konzept seine Premiere.

Den Strom für die Filmtechnik werden die Zuschauer selbst produzieren. Zwölf Strampel-Stationen stehen in dem improvisierten Freiluft-Kino bereit. Sie bestehen aus umgebauten Rollentrainern, wie sie Radsport-Fans oft zu Hause verwenden. Jedes mitgebrachte Fahrrad lässt sich daraufspannen.

Auch das Energieseminar der Technischen Universität wirkt mit

Entstanden ist das umweltfreundliche Kino-Projekt aus einer Kooperation des Neuköllner Vereins „Taschengeldfirma“, der unter anderem eine mobile Fahrradwerkstatt betreibt, und dem Energieseminar der TU Berlin. „Wir sind immer auf der Suche nach Ideen, wie man das Thema Fahrrad noch mehr in den Vordergrund stellen kann“, sagt Initiator Talu Emre Tüntas von der Taschengeldfirma. Ein Kino-Abend habe sich als öffentlichkeitswirksame Aktion angeboten. Als Tutor an der TU Berlin konnte Tüntas auch gleich den Kontakt zu findigen Entwicklern herstellen.

Insgesamt hätten mehr als 40 Menschen in den letzten Monaten an dem Projekt gearbeitet, sagt der Tüftler. Unterstützung erhielten die Fahrrad-Aktivisten von einer Serviceagentur für Entwicklungshilfe und dem „Radhaus Wedding“, das die zwölf nötigen Rolltrainer spendete.

Autolichtmaschinen dienen als Generator

„Da ist sehr viel Energie reingeflossen“, sagt Tüntas sinnigerweise. „Deshalb wäre es schön, wenn es auch viel genutzt wird.“ Zukünftig sollen daher auch andere Veranstalter die Technik mieten können.

Und so funktioniert die Vorrichtung: Die Energie wird durch einen Widerstand auf dem Hinterrad produziert. Alte Autolichtmaschinen dienen als Generatoren und erzeugen einen Gleichstrom. Dieser wird in einer alten Autobatterie zwischengespeichert und anschließend in Wechselstrom umgewandelt, „so wie er normalerweise aus der Steckdose kommt“, erklärt Tüntas. Auf die Art können zwölf Leute, die gemächlich, aber gleichmäßig in die Pedale treten, bis zu 720 Watt produzieren. Lediglich 400 Watt werden benötigt, um Abspielgerät, Projektor und Soundanlage zu betreiben.

Wird ein Radler müde, bleibt die Leinwand nicht dunkel

Durch die zwischengeschaltete Batterie lassen sich auch Leistungsschwankungen abfangen, zum Beispiel wenn ein müder Strampler ausgewechselt werden muss. Die Gefahr, dass plötzlich die Leinwand dunkel wird, besteht also nicht.

Gezeigt wird am Mittwoch übrigens der Film „La Pirogue“, der an die zahllosen Flüchtlingsdramen auf dem Mittelmeer erinnert. Die Geschichte handelt von einem Fischer, der sich widerwillig als Kapitän einer Schlepper-Bande anheuern lässt. Das Boot ist völlig ungeeignet für die Überfahrt, doch die Passagiere knüpfen alle Hoffnungen daran. Zuvor gibt es eine Diskussionsrunde mit dem Titel „Flucht und Zufluchtssuchende in Deutschland“. „Uns war es wichtig, keinen reinen Unterhaltungsabend zu veranstalten“, so Tüntas.

Das Fahrradkino ist beim Eingang Oderstraße, der Eintritt ist frei. Die Zuschauer sollten sich Kissen und Decken zum Sitzen mitbringen. Außerdem wird empfohlen, Taschenlampen für den Heimweg einzustecken. Denn sobald die Räder stillstehen, wird es wieder dunkel auf dem weiten Tempelhofer Feld.

Mehr Infos im Internet unter: www.taschengeldfirma.net

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