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Neue Erkenntnisse: Fall Jonny K.: Verdächtiger hat zwei Pässe

In der Türkei laufen die Ermittlungen gegen Onur U., der als Hauptverdächtiger im Fall Jonny K. gilt, auf Hochtouren. Auch dort wird er mittlerweile per Haftbefehl gesucht. Wo ihm letztlich der Prozess gemacht werden könnte, ist aber noch offen.

Der Haupttatverdächtige im Fall Jonny K., Onur U., hat offenbar die doppelte Staatsbürgerschaft: Aus einer Anfrage des Tagesspiegel bei der Senatsverwaltung für Inneres geht hervor, dass Onur U. auch im örtlichen Einwohnerregister als deutscher Staatsbürger registriert sei. Und: „Informationen zu weiteren Staatsangehörigkeiten liegen hier nicht vor“, hieß es. Da ein Deutscher laut Gesetz automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit verliert, wenn er auf Antrag eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, muss Onur U. bereits vorher über zwei Staatsangehörigkeiten verfügt haben. Nach damaliger Rechtslage konnte eine Familie in den 90er Jahren nach ihrer Einbürgerung die türkische Staatsbürgerschaft wiedererwerben, ohne dabei die deutsche zu verlieren.

Dass er auch die türkische Staatsbürgerschaft hat, ist ebenfalls sicher: Nach Angaben der türkischen Botschaft habe die zuständige Staatsanwaltschaft in der Türkei die Ermittlungen aufgenommen, nachdem sich herausgestellt hat, dass der Betreffende türkischer Staatsbürger ist. Es sei jetzt auch ein Haftbefehl in der Türkei gegen ihn verhängt worden. Zwar gibt es bereits einen deutschen Haftbefehl, der aber nur in der EU gilt. Eine Information aus türkischen Konsularkreisen bestätigte, dass Onur U. bereits vor seiner Flucht eine doppelte Staatsbürgerschaft gehabt haben soll.

„Wir begrüßen sehr, dass die Türkei in diesem Fall großes Interesse zeigt, den Fall aufzuklären“, sagte ein Mitarbeiter des türkischen Konsulats. Wo Onur U. der Prozess gemacht wird, hängt davon ab, ob er wieder nach Deutschland einreisen wird, um sich hier – wie damals angekündigt – freiwillig den Behörden zu stellen. Türkische Behörden liefern ihre Staatsbürger nämlich nicht aus. Fest steht aber auch, dass im Strafrecht keine Doppelverurteilung aufgrund mehrerer Staatsangehörigkeiten möglich ist. Es wäre auch denkbar, dass Onur U. die deutsche Staatsbürgerschaft abgibt, dann würde ihm ohnehin der Prozess in der Türkei gemacht werden.

1994 hatte es in Berlin einen ähnlichen Fall gegeben. Damals hatte der  in Berlin lebende türkische Staatsbürger Aydin Y. die 17-jährige Schülerin Kirstin S. in einem Kellerverlies in Wedding getötet. Auch hier floh der Tatverdächtige in die Türkei und stand erst elf Jahre später vor Gericht. Dabei war den deutschen Ermittlern der Aufenthaltsort von Aydin Y. seit 2004 bekannt war. Da die türkischen Behörden ihren Staatsbürger aber nicht ausliefern, hofften die deutschen Strafverfolgungsbehörden auf eine Gelegenheit, dass ihnen Aydin Y. ins Netz geht. Elf Jahre später wollte er wieder nach Deutschland einreisen. Als er sich längst in Sicherheit wähnte, wurde Aydin Y. im September 2005 direkt am Flughafen verhaftet.

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